Icons verschiedener Versicherungen

Bereits der Titel meiner Ausführungen scheint sich zu beissen. Eine Versicherungsgesellschaft, welche nach kaufmännischen Grundsätzen ausgerichtet ist, möchte möglichst gute Risiken um sich scharen und hat kein Interesse an Kunden, welche aufgrund einer chronischen Erkrankung eine Belastung für das Versicherungsgeschäft bringen könnten.
Aufgrund der Anzahl chronisch Erkrankter, insbesondere auch aufgrund der Anzahl Diabetiker in der Schweiz, machen sich die Versicherungsgesellschaften Gedanken und versuchen, mit mathematischen Berechnungen Versicherungsmöglichkeiten für die Erkrankten zu finden. Die nachstehenden Ausführungen beruhen auf meinen Berufserfahrungen im Rahmen meiner täglichen Arbeit. Ich versuche hier, den gesamten Bereich der Versicherungsdeckungen, mit dem ein Diabetiker konfrontiert wird, zu beleuchten. Nachdem ich selbst seit 20 Jahren Diabetes Typ 1 habe, sind viele Ausführungen auch sehr persönliche Erfahrungen von mir selbst.

Grundlagen
Wo immer möglich und zulässig macht ein Versicherer die Annahme einer Abdeckung im Bereich der Personenversicherungen von einer Gesundheitsprüfung abhängig. Unter dem Begriff Personenversicherung sind alle Arten von Deckungen im Bereich der Heilungskosten (Arzt- und Spitalkosten, Medikamente etc.), Lohnersatz (Taggelder und Erwerbsunfähigkeitsrenten) und Todesfalldeckungen (in Form von Einmalzahlungen oder Renten) gemeint. Die Gesundheitsprüfung eines Versicherers erfolgt nach internen Vorgaben, in der einfachsten Art aufgrund eines Fragebogens zur Selbstbeantwortung. Je nach Deckungshöhe kann die Prüfung mehrere Arztuntersuchungen erfordern. Mit diesen Mitteln verschafft sich eine Versicherungsgesellschaft einen Überblick über die Gesundheit eines Interessenten. Die Fragebogen geben auch Aufschluss über die Gewohnheiten des Interessenten (z. B. Sport, Ferienverhalten etc.) sowie über bereits bestehende Versicherungsverhältnisse. Beim Ausfüllen und Beantworten aller Fragen sollte 100 %-ige Ehrlichkeit an den Tag gelegt werden. Kommt eine Unehrlichkeit ans Licht, hat der Versicherer immer die Möglichkeit eines rückwirkenden Rücktritts vom Vertrag. Dieser Rücktritt kann auch zur Folge haben, dass bereits geleistete Entschädigungen zurückbezahlt werden müssen.
Der Versicherer prüft alle Angaben aufgrund eines Antrages, unterzeichneter Offerte sowie den weiteren Abschlussformularen (Gesundheitserklärungen, Arztuntersuchungen etc.) und trifft dann einen Entscheid über die Annahme. Die Gesellschaft hat dabei die folgenden Möglichkeiten:

Annahme des Risikos
Das Risiko wird gemäss dem gestellten Antrag durch den Versicherer gezeichnet. In diesem Fall kann man davon ausgehen, dass keine schwerwiegenden Erkrankungen und auch keine Veranlagungen zu schweren Erkrankungen bestehen. Der Kunde entspricht hier zu 100 % dem Risikoprofil und den mathematischen Prämienvorgaben für die gewünschte Deckung. Die gewünschte Police mit der Prämienrechnung wird ausgefertigt.

Annahme des Risikos mit Prämienzuschlag
Aufgrund der Angaben und Abklärungen wird festgestellt, dass der Versicherte vom Risikoprofil und somit auch von den mathematischen Prämienvorgaben abweicht. In diesem Fall kann z.B. eine Risikosportart vorliegen, welche klar zu einem höheren Unfallrisiko führt. Teilweise werden auch harmlose Erkrankungen chronischer Art (z. B. Heuschnupfen) oder auch Erkrankungen, welche länger zurückliegen und bis heute keine Folgen mehr hatten, abgehandelt. Der Versicherer ist bereit, das Risiko zu zeichnen, jedoch nicht zur vorgeschlagenen Prämie. Er macht dem Interessenten ein Gegenangebot mit einem Prämienzuschlag. Dieser Zuschlag kann auf eine gewisse Zeit beschränkt, abnehmend, aber auch konstant während der gesamten Dauer sein. Wenn der Versicherte diesen Zuschlag akzeptiert, wird die gewünschte Police und Prämienrechnung erstellt.

Annahme des Risikos unter Vorbehalt
Auch in diesem Fall wird festgestellt, dass der Versicherte nicht dem Risikoprofil und somit auch nicht den mathematischen Prämienvorgaben entspricht. Die Abweichung ist jedoch nicht in einer Art und Weise, dass der Versicherer eine Kompensation über die Prämie machen kann (will). Er ist bereit, die gewünschte Deckung unter Ausschluss einer bestimmten Krankheit oder eines Umstandes zu zeichnen. Es kann z. B. die Erkrankung der linken Hand inklusive möglicher Folgeerkrankungen ausgeschlossen werden. Teilweise werden diese Vorbehalte zeitlich beschränkt. Nach Ablauf dieser Beschränkung gilt dann ein vollumfänglicher Versicherungsschutz.

Ablehnung des Risikos
Bei chronischen Erkrankungen mit einer erhöhten Möglichkeit von weiteren Folgen verzichtet der Versicherer auf die Zeichnung des Risikos und lehnt den Antrag gegenüber dem Interessenten ab. Die Ablehnung erfolgt, da weder ein Prämienzuschlag noch ein Vorbehalt bei der Ausgangslage machbar sind oder Sinn bringen. Würde z. B. ein Vorbehalt für Diabetes inkl. der Folgeerkrankungen formuliert, wären praktisch alle Krankheiten, die einen theoretischen Zusammenhang mit dem Diabetes haben, ausgeschlossen. Der Versicherer möchte hier das Risiko der Deckung nicht eingehen, er möchte jedoch auch die Diskussion im Rahmen eines Vorbehaltes nicht führen. Die Ablehnung des Antrages bringt dem Interessenten bei jeder anderen Versicherungsgesellschaft weitere Probleme, da jeder Antrag mit der Standartfrage «wurde ein Antrag von einem anderen Versicherer abgelehnt» versehen ist und somit eine erfolgreiche Abdeckung des gewünschten Risikos verunmöglicht.

Versicherungsprobleme für Diabetiker
An einigen konkreten Beispielen möchte ich die möglichen Probleme und Lösungen aufzeigen, die bei einem Diabetiker im Personenversicherungsbereich vorkommen.

Ein Diabetiker möchte zur Absicherung seiner Familie und seines Eigenheimes eine Lebensversicherung mit einem Todesfallschutz sowie einer Erwerbsunfähigkeitsrente abschliessen.
Ein solcher Versicherungsschutz wird immer von einer Risikoprüfung mit Gesundheitsfragen und einem möglichen Arztuntersuch abhängig gemacht. Wenn der Diabetiker über eine gute Einstellung verfügt – die meisten Gesellschaften erwarten hier einen Langzeitwert (HbA1c) von unter 6,5 – besteht die Möglichkeit, für eine begrenzte Zeit einen Versicherungsschutz zu erwirken. Die Abdeckung wird bis zu einem gewissen Alter (z. B. bis Alter 54) gezeichnet. Ein Schutz bis zum Alter von 65 Jahre wird nicht angeboten. Bei Personen ab dem Alter 55 gibt es immer wieder Angebote im Rahmen einer Sparversicherung mit Todesfallschutz ohne Gesundheitsprüfung. Solche Angebote können vielfach eine Lösung für die gewünschte Abdeckung sein, sie können jedoch nur in Kombination mit einer Sparversicherung abgeschlossen werden, was entsprechend hohe Prämienkosten bedeutet.

Ein Diabetiker tritt eine neue Arbeitsstelle an. Von der Pensionskasse wird das Ausfüllen eines Gesundheitsfragebogens verlangt. Aufgrund der Antworten wird eine Einschränkung auf der Abdeckung vorgenommen.
Bei Lösungen, die über das gesetzliche Obligatorium hinaus gehen, kann eine solche Einschränkung erfolgen. Da ein Vorbehalt hier meist keine Lösung bringt, wird der Versicherungsschutz auf die gesetzliche Abdeckung beschränkt. Nach fünf Jahren erfolgt dann eine Aufnahme in die eigentliche Deckung. Bei diesem Vorgehen entstehen dem Arbeitgeber für die ersten fünf Jahre tiefere Kosten im Bereich der Sozialleistungen, da eine Deckung nach Gesetz natürlich auch eine tiefere Prämie bedeutet. Je nach Stellung und Arbeitsvertrag kann dieser Punkt im Rahmen des Lohnes kompensiert werden.

Ein Diabetiker möchte seine persönliche Krankenversicherung wechseln.
Der Wechsel der Krankenversicherung ist jährlich möglich. Bei der Grundversicherung nach Gesetz (KVG) hat der Diabetiker keine Probleme, da hier keine Gesundheitsprüfung erfolgt und jeder Versicherer das gewünschte Risiko zeichnen muss. Bei den Zusatzversicherungen erfolgt immer eine Risikoprüfung über die Gesundheitserklärung. Ein Krankenversicherer wird bei einem Diabetiker keine Deckungen zeichnen und somit sollten bereits bestehende Zusatzversicherungen immer beim gleichen Versicherer weitergeführt werden. Bei teureren Zusatzversicherungen kann die Prämie jeweils durch Selbstbeteiligungen gesteuert werden. In diesem Bereich kann auch ein Verbandsrabatt (z. B. die Mitgliedschaft in einem Verkehrsclub etc.) eine Prämienermässig bringen.

Ein Diabetiker macht sich selbständig und benötigt eine Taggeldversicherung
Dieser Versicherungsschutz bringt immer wieder Probleme mit sich, da die Gesellschaften auch bei gut eingestellten Diabetikern keine Deckungen zeichnen wollen. Sofern der Diabetiker bereits über seinen bisherigen Arbeitgeber in einer Taggeldversicherung abgedeckt war, kann beim Austritt aus dem Betrieb ein Übertritt in eine Einzelversicherung verlangt werden. Bei diesem Übertritt wechselt man vom Kollektiv- in den Einzeltarif, jedoch werden hier keine Gesundheitserklärungen notwendig, und die Prämienberechnung im Einzeltarif erfolgt per Eintrittsdatum in den versicherten Betrieb.
Bei der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ist die Rechtsform zu beachten. Als Einzelunternehmer ist es sehr schwierig, eine gewünschte Deckung zu bekommen, da dieser Versicherungsschutz immer von einer Gesundheitsprüfung abhängig gemacht wird. Wenn ich jedoch Angestellter meiner eigenen Firma bin (z.B. GmbH), gibt es nach wie vor Angebote von Versicherern, welche ein Risiko für eine Firma auch ohne Gesundheitsprüfung der Angestellten zeichnen.

Schlusswort
Bei einem Blick in die Zukunft glaube ich, dass die Versicherer Produkte anbieten werden, welche auch einem Diabetiker (mit guter Einstellung) angeboten werden können. Im deutschen Markt laufen bereits Studien zu solchen Produkten. Sobald eine Markteinführung erfolgt ist, wird die Schweiz mittelfristig auch solche Angebote erhalten. In diesem Produktebereich handelt es sich um Zusatzversicherungen zu der obligatorischen Krankenversicherung.
Nachstehend nochmals einige persönliche Empfehlungen zum Umgang mit den Versicherungen:
• Prüfen Sie eine Kündigung von Krankenzusatzversicherungen genau – den bisherigen Versicherungsschutz werden Sie nicht wieder erhalten.
• Planen Sie die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit frühzeitig und genau – der Versicherungsschutz sollte bereits beim Austritt aus Ihrer bisherigen Firma organisiert sein.
• Klären Sie die Versicherungsmöglichkeiten für Diabetiker bereits ab, bevor Sie einen Antrag stellen – die Gesellschaften können Ihnen die Rahmenbedingungen bekannt geben.
• Fragen Sie nach besonderen Versicherungsprodukten ohne Gesundheitsprüfung – der Markt ist hier in Bewegung, und es werden immer wieder solche Angebote gemacht.
Ein guter Versicherungsberater Ihres Vertrauens, eine gute Einstellung des Diabetes sowie das richtige Vorgehen mit dem Versicherer sollten Ihnen die Möglichkeiten für einen bedarfsgerechten Versicherungsschutz öffnen.
Sven von Ow, Diabetes Typ 1
50 Jahre alt, verheiratet, 2 erwachsene Töchter

Geschäftsführer und Inhaber der alpina broker gmbh
Präsident der Diabetes-Gesellschaft Schaffhausen
und Vize-Präsident der Diabetes-Gesellschaft Schweiz

AutorIn: Sven von Ow, Eidg. dipl. Versicherungsfachmann