Dr. med. Stefan Fischli ist Chefarzt Endokrinologie und Diabetologie am Luzerner Kantonsspital (LUKS). Am d1abetes-day hat er zwei Vorträge über Closed-Loop-Systeme gehalten. d-journal hat nochmals nachgefragt.

 

In den letzten Jahren haben wir viele Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 beim Wechsel auf Closed- Loop-Systeme begleitet. Unsere Erfahrungen und auch viele Studien zeigen eine sehr hohe  Zufriedenheit. Die Blutzuckerwerte sind insgesamt beständiger, die Morgenwerte deutlich stabiler und die Anzahl der Unterzuckerungen wird reduziert. Das ist ganz relevant für die Reduktion von Spätfolgen. Und natürlich bringt dies insgesamt eine gesteigerte Lebensqualität mit sich.

Wie gut funktionieren die Systeme beim Sport?

Sportliche Aktivitäten können für Menschen mit Diabetes teils grosse Schwankungen im Blutzucker verursachen, da Sport viele Stoffwechselprozesse verändert. In welchem Masse der Insulinbedarf abnimmt, kommt darauf an, welche Aktivitäten, wie lange, wie intensiv und zu welcher Tageszeit betrieben und welche Mahlzeiten davor eingenommen werden. Das kann für ein Algorithmus-System eine herausfordernde Situation sein, in der gelegentlich auch der Loop-Modus für eine gewisse Zeit ausgeschaltet werden muss. Dennoch möchte ich betonen, dass die Closed-Loop-Systeme bei vielen Aktivitäten sehr verlässlich funktionieren. Gerade auch nach dem Sport ist die Gefahr von Unterzuckerungen innerhalb der folgenden Stunden hoch und die Systeme helfen da ganz besonders, den Blutzucker stabil zu halten.

Welche Anpassungen nimmt die Pumpe bei Krankheit vor?

Wenn der Organismus erkrankt und der Insulinbedarf steigt, sind die Closed-Loop-Systeme hilfreich und zuverlässig, indem sie auf Veränderungen des Insulinbedarfs adäquat reagieren. Das gilt auch für Situationen, in denen wenig oder nichts gegessen wird. Nichtsdestotrotz ist es auch wichtig die grundlegenden Massnahmen bei Krankheit (z. B. regelmässige Kontrolle der Zuckerwerte, Beachten einer genügenden Flüssigkeitszufuhr) zu befolgen.

Die Open-Source-Bewegung ist in aller Munde – wie stehen Sie dazu?

Grundsätzlich ist die Open-Source-Bewegung fantastisch. Viele clevere und engagierte Menschen, die auch von der Industrie gesehen werden, treiben die Entwicklung voran und vermitteln die Botschaft, dass jeder Einzelne etwas bewirken kann.

Für die Apps und den Betrieb selbst braucht es ein gewisses Know-how, was nicht jedem Menschen mit Diabetes die Zugänglichkeit eröffnet. Da diese Systeme bisher nicht offiziell als Medizinalprodukt zugelassen waren, ergeben sich auch rechtliche Aspekte. Auf unserer Abteilung schulen wir nur zugelassene und von den Krankenkassen vergütete Systeme. Aber natürlich beraten und betreuen wir auch Menschen mit Open-Source-Systemen und versuchen, in diesem Bereich immer up-to-date zu sein.

Die Entwicklung der Closed-Loop-Systeme in den letzten Jahren zeigt enorme Fortschritte und es hat sich wirklich ein neues Fenster in der Behandlung des Typ-1-Diabetes geöffnet. In den nächsten Jahren wird definitiv noch viel passieren und man wird dem Ziel einer voll funktionierenden «künstlichen Bauchspeicheldrüse » schrittweise immer näher kommen.

Stichwort Datenschutz – wie wird mit den sensiblen Daten in der App umgegangen? Sind diese in irgendeiner Form geschützt?

Closed-Loop-Systeme generieren viele Daten, die in Daten-Clouds gespeichert werden. Diese unterliegen den üblichen Regulatorien und sind als sicher und geschützt zu betrachten.

AutorIn: Dr. Nicole Seipp-Isele