… aus der Sicht unserer Redaktorinnen und Redaktoren
Vor 66 Jahren begann meine Ausbildung zur Arztgehilfin-Laborantin bei Dr. med. Georg Constam in Zürich, dem damals einzigen Diabetologen in der deutschen Schweiz. Eine Arztgehilfinnenschule existierte in Zürich noch nicht. In Genf lehrte und praktizierte aber bereits seit etlichen Jahren der Diabetologe Prof. Dr. med. Eric Martin und bildete Arztgehilfinnen in Beratung aus.
Vergangenheit
Für die Behandlung eines Diabetes gab es in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts drei Insuline: ein rasch wirkendes Alt-Insulin (wirkte ab 30 Minuten 3 – 4 Stunden lang) und zwei länger wirksame, das NPH- und das Protamin-Zink-Insulin (wirkten 6 – 8 Stunden lang). Ein rasch wirkendes und ein lang wirkendes Insulin konnten – etwas kompliziert – auch gemischt werden, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen.
Für die Selbstkontrolle des Patienten existierten nur Urintests auf Zucker (mit der Benedict’schen qualitativen Lösung, der so genannten «blauen Lösung», die fünf Minuten lang im Wasserbad gekocht werden musste) und auf Azeton mit Nitroprussid-Pulver. Blutzucker-Untersuchungen waren nur in der Arztpraxis oder im Spitallabor möglich: mit der zu jener Zeit einfachsten Methode nach Crecelius-Seifert. Diese Methode benötigte 0,2 ml Blut, und die Laborantin musste dazu 1 ml der sehr bitteren 2 % Pikrinsäure – mit dem Mund – pipettieren. Wenn man gut arbeitete, hatte man nach 10 – 12 Minuten das Resultat (und die Pikrinsäure nicht im Mund!). Ich machte in jener Zeit 20 – 30 Blutzuckerbestimmungen am Tag.
Die Ernährung – damals sprach man von Diät – musste der Wirkungsdauer des Insulins und der körperlichen Tätigkeit möglichst genau angepasst werden. Noch sehr lange gab es keine Diabetes- oder Ernährungsberaterinnen. Der Arzt oder die Arztgehilfinnen schulten die Diabetiker in der Arztpraxis; d. h. wir führten sie in die Technik der Insulininjektionen und des Mischens der Insuline ein und erklärten ihnen die Ernährung. Hiezu hatten wir von der Firma Novo schöne, in natürlicher Grösse hergestellte Moulagen aus Kunststoff erhalten, die z. B. 20 g Brot, 80 g Apfel, 70 g Banane, 10 g Butter, 40 g Käse, 2 dl Milch, 70 g Rüebli usw. darstellten, sodass wir dem Patienten die ihm verordneten Mahlzeiten sichtbar vor Augen zeigen konnten. An Samstagen durften Patienten, die dies wünschten, ihre 1-ml-Glas-Spritzen in die Praxis bringen, damit wir sie – einmal in der Woche – in destilliertem Wasser auskochten; einen Sterilisator gab es noch nicht. Die Patienten bewahrten ihre Spritzen in mit Alkohol-Äther gefüllten Metalletuis auf.
Nebenbei, obwohl dies nicht ganz zum Thema gehört, noch ein Wort zum Krankenkassentarif: In den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurde eine Konsultation von den Krankenkassen im Kanton Zürich mit CHF 3.60 vergütet; eine Blutzuckerbestimmung mit CHF 3.30. Die Zahl der Diabetiker in der Schweiz wurde in jener Zeit auf rund 80 000 jugendliche und 150 000 (wie man damals sagte) Erwachsenen- oder Altersdiabetiker geschätzt. Die Schätzung war möglich anhand der Diagnose-Codes auf den Krankenscheinen, die den Kassen zur Abrechnung eingesandt wurden.
Das «d-journal» wurde 1974 vom damaligen SDG-Präsidenten Prof. Dr. jur. Ernst Bossard ins Leben gerufen, mit der Absicht, Diabetiker und Diabetikerinnen zu beraten und über Neuerungen zu informieren. Zu Beginn kam das Heft viermal im Jahr auf 36 schwarz-weissen Seiten heraus. – Noch heute und auch in Zukunft möchte das «d-journal» beraten und informieren, nun aber sechsmal im Jahr, auf 40 vierfarbigen Seiten. Das «d-journal» entstand also, bevor in den frühen 80er-Jahren, auf Initiative von Prof. Dr. Willi Berger, Basel, von der SDG erste Kurse zur Ausbildung von Diabetesberaterinnen organisiert wurden. Inzwischen ist die Diabetes- und Ernährungsberatung eine der wichtigsten Säulen der Diabetestherapie.
Das ist die Vergangenheit. Die Gegenwart erleben Sie selbst, und Sie stellen fest, wie viel sich in diesem halben Jahrhundert geändert hat. Diabetesbetroffene profitieren von zahlreichen neuentwickelten Techniken und Medikamenten, von den Fortschritten, welche die Behandlung der Krankheit und das Leben mit Diabetes leichter machen als vor 50 und 60 Jahren. – Doch schon vor 50 und 60 Jahren gab es immer wieder einzelne Diabetiker oder Diabetikerinnen, die viele Jahre lang ihre Krankheit ohne Folgekrankheiten meisterten – ein Quentchen Glück gehörte schon damals auch dazu.
Für die Zukunft möchte ich wünschen, dass die Wissenschaft immer wieder Neues und Besseres findet, sowohl zur Therapie wie auch zur Prävention – und vielleicht auch einmal zur Heilung des Diabetes.
Myrtha Frick
Es bleibt noch viel zu tun
Nun ja, 250 Ausgaben «d-journal» sind eine grosse Nummer. Als die erste Ausgabe erschien, habe ich sicher noch nichts von Diabetes gewusst. Im Studium der Pharmazie haben wir dann Ursachen und Therapien kennen gelernt. Aber erst richtig bewusst wurde mir das Ausmass des Diabetes, als ich vor 30 Jahren zum ersten Mal in der Apotheke mit Betroffenen in Kontakt kam.
Damals gab es grosse Erfolge zu feiern. Die Diabetiker waren glücklich über die neue Basis-Bolus-Therapie und darüber, dass sie nun den Blutzucker selber mit einem Tropfen Blut bestimmen konnten. Und trotzdem fristete der Diabetes ein Schattendasein. Im Jahr 2000 haben wir in einer Apotheke zum ersten Mal Blutzuckermessungen in Form einer Kampagne durchgeführt. An einem einzigen Tag kamen über 100 Kunden, viele davon hatten noch nie zuvor eine Blutzuckerbestimmung machen lassen. Demensprechend beeindruckend waren die Resultate. 15 % der Kunden hatten einen Nüchtern-Blutzucker von über 6 mmol/l, kaum jemand kannte seine Risikofaktoren oder hatte bereits etwas über Diabetes gehört.
Wenn wir heute Kampagnen durchführen, kommen nie mehr so viele Kunden, die Resultate sind eigentlich immer im Normbereich oder die Kunden wissen, dass sie diabetische Werte haben. Zudem werden heute in praktisch allen Apotheken Blutzuckermessungen angeboten, und die Bevölkerung weiss mehr über die Stoffwechselerkrankungen. Dies freut mich sehr – und trotzdem staune ich in der Apotheke immer wieder, wie «Diabetes-Kunden» keine Verantwortung übernehmen, den Diabetes vernachlässigen und nicht an einer Verbesserung interessiert sind. Es bleibt also trotz allen Verbesserungen noch viel zu tun …
Andrea Merkel, eidg. Dipl Apothekerin ETH/MPH
Diabetes gestern, heute und in Zukunft
Vor mehr als 30 Jahren wurde bei mir ein Diabetes Typ 1 festgestellt. Ich war nur einmal beim Arzt, und er hat sofort die richtige Diagnose gestellt. Ich war damals heilfroh, dass endlich etwas herausgefunden wurde. Ich war immer so müde, hatte riesigen Durst und verlor an Gewicht. Nach einwöchigem Spitalaufenthalt, bei dem ich genau instruiert wurde, konnte ich mit einem Urintestset (Clinitest), Insulin, Spritzen und einem genauen Ernährungsplan (ohne Blutzuckertestgerät!) nach Hause. Das kann ich mir heute gar nicht mehr vorstellen. Das erste Blutzuckermessgerät bekam ich erst Wochen oder sogar Monate (oder waren es Jahre?) später. Ich weiss nur noch, dass es ein sehr grosses blaues Ding mit einem Klappdeckel war. Das Insulin wurde am Morgen und am Abend gespritzt, das Essen genau nach Plan eingenommen. Heute unvorstellbar! Ausschlafen am Sonntag – unmöglich! Dafür konnte ich meinen Turnlehrer von einem tiefen Blutzucker überzeugen. So wurde ich vom anstrengenden Ausdauerlauf dispensiert.
Bald kamen kleinere Blutzuckergeräte auf den Markt, und das Insulin konnte mit dem Pen verabreicht werden. Die Ernährungs- und Spritzpläne wurden gelockert, und ich konnte vieles selber entscheiden. Auch die drei Schwangerschaften sind problemlos verlaufen. Die Ärzte haben mich zuvorkommend betreut, und heute sind die drei Kinder erwachsen, gesund und meistern ihr Leben schon bald ganz selbstständig.
Als die erste Patchpumpe auf den Markt kam, wechselte ich schnell auf diese Pumpe und trage sie heute noch. Eine mit Schlauch kam für mich nie in Frage. Da könnte man ja irgendwo hängen bleiben. Viele andere Diabetiker sind aber mit dieser Pumpe sehr zufrieden. Ob ich einmal ein kontinuierliches Messgerät einsetzen werde, weiss ich noch nicht. Irgendwie warte ich noch auf ein für mich passendes Modell.
Was ich noch vermisse, ist ein zuverlässiges App, mit dem ich mein Mittagessen fotografieren kann und mir das App sagt, wie viele Kohlenhydrate ich da auf dem Teller habe. Das Schätzen der Kohlenhydrate ist eben immer noch die grösste Herausforderung für die Diabetiker!
Margrit Niedermann
«d-jounal» 250
Diabetes ist meine Krankheit und eine tägliche Herausforderung. Dies muss man weder verherrlichen noch beschönigen. Trotzdem fällt es mir leicht, Positives aus meiner Situation zu nehmen. Wenn ich an die vergangenen bald vierzig Jahre zurückdenke, kommt mir vor allem etwas in den Sinn: Ich bin, dank meiner Krankheit, einigen ganz besonderen Menschen begegnet, die ich wohl ohne Diabetes nicht kennen würde. Menschen, die mich beeindruckt, geprägt und bereichert haben. Als erstes fällt mir ein leider verstorbener Professor ein, der mir in den Tagen nach der Diagnose das Gefühl gab, dass ich mein stark verändertes Leben mit Diabetes werde meistern können. Er hat mich mit seinem Fachwissen, seiner positiven und ehrlichen Art und nicht zuletzt mit seinem Charme in jener schwierigen Phase getröstet und bestärkt. Mein erster Diabetologe ausserhalb des Spitales hat mich danach viele Jahre gut begleitet und mich in viele Gremien geführt, so auch ins «d-journal» …
Meine Krankheit hat mir echte Freundschaften beschert, die mich nun eben seit bald 40 Jahren bereichern. Allen voran Helen, Werner und Hans-Ruedi. Wir haben uns in der ersten Zürcher Selbsthilfegruppe kennengelernt. Die drei sind unterdessen längst pensioniert und besuchen mich alle drei Monate in Basel. Wie früher reden wir über unsere Krankheit, aber auch über das, was uns im Leben beschäftigt. Mögen noch viele Besuche folgen!
Ich könnte noch viele Menschen aufzählen. Unzählige Gespräche, spannende Weiterbildungen und zahlreiche Redaktionssitzungen haben meinen oft mühsamen Alltag mit Diabetes versüsst …
Barbara Jaccoud-Lauffer
Diabetes-Ernährung im Wandel der Zeit
Mit einem Schmunzeln schaue ich dreissig Jahre zurück. Ich erinnere mich noch an die Zeit, in der Diabetes-Betroffenen ans Herz gelegt wurde, die Früchte sehr genau abzuwägen, und Süssigkeiten verboten waren. Vielleicht erinnern sich einige unter den Lesern noch daran, dass bei einem Spitalaufenthalt gewisse Früchte angeschnitten serviert wurden.
Süssigkeiten
Mit Süssigkeiten wird heute liberaler umgegangen. Es gibt zum Glück kein Verbot mehr, jedoch werden – wie beim Stoffwechselgesunden – max. 10 % der Gesamtenergiezufuhr in Form von Zucker empfohlen. Vielleicht trifft die Aussage von Herrn W. auch auf Sie zu: «Das Aufhebungsverbot des Zuckers – vor allem die emotionale Komponente – beim Genuss kein schlechtes Gewissen zu haben, ist erleichternd! Jedoch gezuckerte Süssgetränke und Fruchtsäfte setze ich weiterhin für die Therapie einer Hypoglykämie ein, da sie den Blutzucker rasch ansteigen lassen.»
Mischkost
Eine ausgewogene Mischkost war und bleibt einer der Grundpfeiler in der Behandlung des Diabetes mellitus. Die guten Kenntnisse über das Vorkommen, die Qualität, die Verteilung über den Tag und den Gehalt an Kohlenhydraten spielen weiterhin eine zentrale Rolle für eine gute Blutzuckereinstellung. Der «E-Plan Teuscher®» war jahrelang das Hilfsmittel für die Berechnung des Kohlenhydratgehaltes einer Mahlzeit. Zwischenzeitlich gibt es weitere Kohlenhydrataustauschtabellen mit Wertangaben, Fotos, Nährwertangaben auf den Verpackungen bzw. online (www.naehrwertdaten.ch), Apps … – jedoch das App fehlt noch. Nämlich dasjenige, welches das Nährstoffprofil des Essens korrekt berechnet. Wäre es nicht toll, wenn beispielsweise im Restaurant die Lasagne fotografiert werden könnten, und das App würde den Kohlenhydratgehalt zuverlässig berechnen? Wir werden sehen, was die nähere Zukunft bringt!
Zwischenmahlzeiten
Was hat sich zwischenzeitlich noch verändert? Noch vor Jahren wurde allen Menschen mit Diabetes empfohlen, regelmässig Zwischenmahlzeiten einzuplanen, da Angst vor einer möglichen Unterzuckerung bestand. Heute wird dies viel individueller angegegangen. Einerseits werden die Bedürfnisse und die Gewohnheiten jedes Einzelnen beachtet und andereseits die medikamentöse Diabetes-Therapie in die Empfehlungen einbezogen. Zudem lässt sich durch das Blutzuckermessen der Blutzuckerverlauf nach einer Zwischenmahlzeit selber beurteilen. Bei Bedarf können so Anpassungen vorgenommen werden.
Spezialprodukte
Oft werde ich gefragt, weshalb weniger «Spezialprodukte für Diabetes-Betroffene» wie Schokolade, Guetzli, Kuchen auf dem Markt erhältlich sind. Der Grund liegt darin, dass die heutigen Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Diabetes sich kaum von den Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung unterscheiden. Gut zu wissen ist, dass diese Produkte etwas weniger, aber nicht keine Kohlenhydrate liefern, und dass der Fettgehalt bei vielen Produkten nicht wesentlich geringer ist als in den herkömmlichen Produkten. Dies veranlasste den Gesetzgeber, dass diese Produkte nicht mehr als «für Diabetiker geeignet» angepriesen werden dürfen. Die Industrie kann jedoch – sofern die Produkte die gesetzlichen Vorgaben erfüllen – diese als «ohne Zuckerzusatz» kennzeichnen. Mein Motto lautet «lieber weniger, dafür meine Lieblingsschokolade».
Nun wünsche ich den Lesern weiterhin viel Freude am Essen.
Rita Fricker, BSc BFH, Ernährungsberaterin SVDE
Diabetologie gestern und morgen
Wer in den vergangenen Jahrzehnten irgendwann Langeweile verspürte, muss sich in einer anderen Welt aufgehalten haben. Was auch immer man von den fast jeden Aspekt des Alltags verändernden Erfindungen halten mag – Stichwort Digitalisierung – das Leben bescherte uns viel Spannendes und war reich an Überraschungen. Die Diabetologie ist davon nicht ausgenommen.
Ein nicht ganz so ernster Rückblick
Als ich meinem verehrter Lehrer, Professor Willi Berger, Mitte der 80er Jahre eröffnete, ich beabsichtige meine diabetologische Tätigkeit in der Ostschweiz weiterzuführen, überraschte mich der Kommentar des sonst so ruhigen und zurückhaltenden Arztes sehr. «Da begibst Du Dich in den diabetologischen Urwald» bemerkte er lakonisch. Erst im Berufsalltag an meinem neuen Wirkungsort, begann ich, den Inhalt seiner Aussage zu verstehen.
Die Blutzucker-Selbstmessung wurde damals aktuell und brachte vielen Betroffenen endlich die Möglichkeit, ihren Diabetes besser kennen zu lernen und damit den Alltag etwas freier zu gestalten. Ich war schnell vom Nutzen dieser technischen Entwicklung überzeugt und tat dies auch anlässlich von Hausärzte-Fortbildungen kund. Ein bekannter Kollege nutzte die anschliessende Diskussion nicht für Fragen sondern für ein klares Statement: «Ich verbiete meinen Diabetikern, den Blutzucker selbst zu messen. Sie können die Resultate ohnehin nicht interpretieren und werden durch die Kontrolliererei nur krank!»
Ich war damals angetan von der Kombinationsbehandlung mit Tabletten und Insulin, obwohl es diese Therapieform in den «Schulbüchern» noch gar nicht gab. Anlässlich einer Fortbildung engagierte ich eigens einen Professor aus München, von dem ich wusste, dass er diese Behandlung ebenfalls praktizierte. Im Anschluss an den informativen Vortrag äusserte sich ein ärztlicher Zuhörer kurz und klar: «Alles Se …»
Einer meiner sehr adipösen – und deshalb ausgesprochen insulinresistenten – Patienten musste für eine Gallenblasenoperation in ein kleines Landspital. Sein Diabetes war mit einer hohen Dosis Insulin behandelt, um den Blutzucker einigermassen kontrollieren zu können. Die Insulindosis wurde auf einen Drittel reduziert. Die (schriftliche) Erklärung folgte im Austrittsbericht: «Solch hohe Insulindosen erachten wir als sinnlos.»
Kommentar(e) überflüssig! Selbstverständlich ist der diabetologische Urwald in der Ostschweiz schon seit langem gänzlich abgeholzt!
Ein vielleicht etwas verklärter Ausblick
Das medizinische Wissen wie auch die technischen Möglichkeiten wachsen rasant. Grosskonzerne wie Google mit fast unerschöpflichen finanziellen Quellen haben begonnen, sich in der medizinischen Forschung einzubringen. Noch nie waren die Aussichten auf bahnbrechende Entwicklungen in der Diabetologie so gut wie heute. Das künstliche Pankreas steht vor der Türe. Und wir dürfen uns berechtigte Hoffnungen machen, dass die Verfahren zur Züchtung von Inselzellen und das Verständnis der komplizierten Abläufe in der Immunologie weiter verbessert werden. Typ-1-Diabetiker – und das sie betreuende Diabetesteam – dürfen der nächsten Dekade mit Interesse und Hoffnung entgegenblicken.
Und Betroffene mit Typ-2-Diabetes? Was dürfen sie erwarten? Werden neue Medikamente auf den Markt kommen, selbstverständlich ohne Gefahr für Hypoglykämien oder eine Gewichtszunahme? Darf man mit noch weiter verbesserten Insulinen rechnen? Werden – früh durchgeführte – bariatrische Operationen für einige Betroffene gar eine Heilung vom Diabetes bringen? Kommen die Fortschritte aus einer ganz anderen Richtung? Lernt man, die chronischen Entzündungsprozesse, die den Diabetes begleiten oder gar (mit-)verursachen, zu beherrschen?
Vielleicht ist mein persönlicher Ausblick wirklich etwas verklärt: Ich habe weiterhin die Hoffnung, dass auch das Wissen über uns selbst zunehmen wird. Wie können wir besser motivieren? Wie können wir ewige Zweifler davon überzeugen, dass körperliche Aktivität etwas vom Schönsten und Wichtigsten ist? Wie lässt sich die Nachricht verbreiten, dass gesunde Ernährung und Genuss keine Gegensätze sind? Die Natur stellt uns – in Ergänzung zum medizinischen Fortschritt – seit je zwei äusserst wirksame Instrumente zur Verfügung: Bewegung und gesunde, genussvolle Ernährung!
Dr. med. K. Scheidegger