Frau, die in der Küche steht und ein Handy in der Hand hält, während dem sie ihren Einkauf begutachtetDie Westschweizer Fachgruppe für Diabetologie nahm die Qualität von rund dreissig digitalen Anwendungen zur Berechnung der Kohlenhydrate unter die Lupe. Erste Ergebnisse des seit 2020 laufenden Projekts zeigt der folgende Überblick. Ein entscheidendes Qualitätskriterium ist die Datenherkunft für die Nährstoffzusammensetzung.

Welche Apps haben Sie ausgewertet?

Eine vollständige Studie war nie unser Ziel. Nicht alle Apps können die Kohlenhydrate berechnen, einige sind (zu stark!) auf die Kalorienzahl ausgerichtet, andere können nur mit einer Verbindung zur Insulinpumpe oder zum Glukometer verwendet werden. Dann gibt es auch Apps für Rezepte, zur Unterstützung beim Lesen von Produktetiketten (mit Ergebnissen in Form eines Punktesystems) oder bei der Bolusberechnung und der Überwachung des Blutzuckerspiegels. Wir haben nur jene Apps ausgewertet, die Kohlenhydrate berechnen und für alle zugänglich sind. Dies ergab eine Liste von rund dreissig Anwendungen, zum Beispiel Gluci-Chek, Webdia, GluCalc, Kohlenhydrate für Diabetiker, Snaq, FDDB, Diabète Gourmand, DiabTrend, Yazio, Lifesum, Foodvisor, Carbs and Cals.

Wie haben Sie die Kriterien definiert?

Auf der Basis unserer Kenntnisse der «Good Practices» entwarfen wir ein provisorisches Bewertungsraster. Nach ersten Tests passten wir es an und integrierten unter anderem ein Punktesystem für die wichtigsten Kriterien. Dabei wurden die schweizerischen und die europäischen Empfehlungen für Kriterien von Gesundheits-Apps (eHealth 2019, HAS 2021) berücksichtigt. Zudem stellte uns ein Professor der Gesundheitswissenschaften sein Fachwissen zur Verfügung und machte verschiedene Vorschläge.

Das Raster enthält allgemeine Informationen (Autor, Erstelldatum und letzte Überarbeitung, Anerkennung durch eine amtliche Stelle, Werbung, Entwicklung auf Basis einer Zusammenarbeit zwischen Experten und Patienten, Preis, Betriebssystem, verfügbare Sprachen, Diabetestypus …), wichtigste Funktionen (Abbildungen der Portionen, Rezepte, mögliche Ergänzungen, Favoriten, andere Nährstoffe …), technische Leistungen (Support, Ergonomie, Konnektivität …) und Datensicherheit/ Vertraulichkeit. Hauptmerkmal ist jedoch die Qualität der Daten für die Nährstoffzusammensetzung!

Was war besonders schwierig?

Das grösste Problem war, Informationen über den Autor einer App und vor allem über die Herkunft der Nährstoffzusammensetzung zu erhalten. Mehrere Anwendungen basieren auf Kompositionstabellen, die von den Nutzenden selbst gesammelt werden: Das ergibt keine zuverlässige Grundlage – stellen Sie sich vor, Sie würden sich für eine Bolusinjektion mit schnell wirkendem Insulin auf diese Ergebnisse abstützen! Einige Apps gaben zu allgemeine Durchschnittswerte an, zum Beispiel bei den Früchten, die ja nicht alle denselben Kohlenhydratgehalt haben. Wir stellten zudem fest, dass die Zusammensetzung von Lebensmitteln in verschiedenen Ländern unterschiedlich angegeben wird und bekannte Apps die grossen internationalen Datenbanken verwenden. Die Daten entsprechen aber vielleicht nicht den Produkten, die ich esse, obwohl der Produktname überall gleich ist.

Was raten Sie Diabetesbetroffenen?

Eine App ist dann gut, wenn sie auch genutzt wird. Die einfache Bedienung und das Auffinden der Lebensmittel, die man regelmässig isst, machen aus einer App ein praktisches Hilfsmittel. Doch es braucht den kritischen Blick auf die Ergebnisse. Wenn etwas unklar ist, sollten die Nutzenden Kontakt mit der Ernährungsberaterin oder dem Ernährungsberater aufnehmen. Diese Fachpersonen können auf die Schwächen der App aufmerksam machen.

Diabtrend, Diabète Gourmand, Carbs and Cals sind drei Anwendungen, die sehr gut abgeschnitten haben – sie erfüllen die meisten unserer Kriterien.

Was geschieht nun mit den Ergebnissen Ihrer Analyse?

Sie werden im ersten Halbjahr 2024 zur Verfügung stehen. Wir fahren aber mit dem Monitoring weiter, da bald neue Apps mit neuen Funktionen auf den Markt kommen. Unsere Forschung wurde im Rahmen einer Weiterbildung vorgestellt, und das Interesse der Teilnehmenden brachte uns dazu, die Erfahrungen in einem Fachartikel und jetzt der Leserschaft des d-journals zur Verfügung zu stellen. Das Bewertungsraster erfordert gewisse Fachkenntnisse, um die richtige Punktezahl zu vergeben. Wir werden es dem Schweizerischen Verband der Ernährungsberater/innen (SVDE) zur Verfügung stellen.