Blutdruck Messgerät

Gehört: Frau S., 52jährige, etwas übergewichtige Sekretärin mit Diabetes mellitus Typ 2 seit sechs Jahren und zudem seit neun Monaten behandeltem hohem Blutdruck fragt: «Soll ich neben dem Blutzucker auch den Blutdruck zu Hause kontrollieren? Mein Nachbar tut dies schon seit längerer Zeit.»

Geantwortet: Darauf wollte ich bei der heutigen Konsultation auch zu sprechen kommen. Wir haben ja festgestellt, dass Sie in der Sprechstunde trotz der Behandlung immer einen etwas grenzwertig hohen Blutdruck haben. Ein mehrmals gemessener Wert von 145/90 mm Hg wäre eigentlich Grund, die medikamentöse Therapie noch etwas auszubauen. Bevor wir dies aber tun, wollen wir schauen, ob Sie nicht zur recht grossen Gruppe derjenigen gehören, die in der Praxis höhere Blutdruckwerte haben als zu Hause. Die «Weisskittel-Hypertonie» hat übrigens in aller Regel nichts mit der Person des Arztes zu tun. Sie ist auch dort oft zu beobachten, wo der Arzt keinen weissen Mantel mehr trägt. Bei grundsätzlicher Veranlagung zu Bluthochdruck ist es aber durchaus so, dass die leicht erhöhte Spannung, die ein Arztbesuch mit sich bringt, wie viele andere Situationen auch, genügt, den Blutdruck etwas anzuheben. Deshalb sprechen Fachleute auch von einer «situativen Hypertonie».
Zur Heimmessung des Blutdrucks eignen sich in erster Linie Geräte mit einer sogenannt «oszillometrischen Messung». Dies geschieht normalerweise mit denjenigen Apparaten, die kein Stethoskop benötigen. Da keine Geräte verkauft werden dürfen, die nicht in Studien getestet worden sind, müssen Sie sich über die Qualität der Blutdruck-Messapparate nicht allzu grosse Gedanken machen. Zudem können Sie im Internet eine Liste von allen zuverlässigen Geräte finden: www.swisshypertension.ch.
Es kann durchaus sinnvoll sein, die Apparate in grösseren Abständen zu kontrollieren bzw. zu eichen. Am einfachsten ist es, das Gerät zu einem Arztbesuch mitzunehmen und mit demjenigen in der Praxis zu vergleichen.
Es gibt keine allgemeingültigen Richtlinien, wann und wie oft der Blutdruck zu Hause gemessen werden soll. Am besten bespricht man dies mit dem betreuenden Arzt. Es ist wünschenswert, dass die Resultate aufgeschrieben und dem Arzt bei den Konsultationen vorgelegt werden. Besondere Begleitumstände wie Aufregungen, vorausgegangene körperliche Aktivität, übermässiger Kaffeekonsum usw. sollten vermerkt werden. «Schönwetter-Messungen» sind übrigens nicht das Ziel. Die Blutdruckmessungen sollten im gewöhnlichen Alltag stattfinden. Tanzt ein Blutdruckwert ganz aus der Reihe, ist es sinnvoll, die Messung nach 2 – 3 Minuten zu wiederholen.
Noch ein paar ganz praktische Hinweise: Stark Übergewichtige mit einem Armumfang von über etwa 32 – 34 cm, sollten den Blutdruck mit einer breiteren Manschette messen als der normalerweise mitgelieferten. Die Manschette sollte ungefähr zwei Querfinger über der Ellenbeuge platziert und relativ anliegend, aber ohne Zug fixiert werden.
Der Ellbogen muss locker leicht gebeugt gehalten werden. Die Hand soll nicht zur Faust geballt sein. Im Übrigen kann man nicht sehr viel falsch machen bei der oszillometrischen Blutdruckmessung. Vorsicht ist allerdings geboten bei stark unregelmäs­sigem Pulsschlag, insbesondere bei Vorhofflimmern. Die Resultate sind dann aus messtechnischen Gründen oft nicht zuverlässig.
Denken Sie daran, dass eine zweite Messung fast immer einen tieferen Wert ergibt. Falls Sie nach einer Seitendifferenz zwischen rechtem und linkem Arm suchen, was – falls positiv – immer weiter abgeklärt werden sollte, muss dies berücksichtigt werden, also die Messungen einmal rechts beginnen, das andere Mal links.
Ist Ihr Blutdruck bei wiederholten Heimmessungen im Durchschnitt < 135/85 mm Hg dürfen wir mit dem Resultat zufrieden sein.
Viele weitere Informationen zum Thema Hypertonie finden Sie im Artikel «Blutdruck und Diabetes» von Frau Dr. K. Binz im «d-journal» 234/2015.
Ja, Frau S., es macht durchaus Sinn, wenn Sie den Blutdruck zu Hause messen. Aber machen Sie sich bitte nicht zu viele – unnötige – Sorgen, wenn ein Wert einmal nicht im Zielbereich liegt. Gleiches gilt ja auch für den Blutzucker.

AutorIn: Dr. med. K. Scheidegger