Das Diabetesmanagement erfordert von den Betroffenen vieles: Selbstsorge, Wissen, Disziplin, Motivation und nicht zuletzt mentale Stärke. Wie hier die berufliche Passion mitspielt, erzählen zwei Menschen, die sich auf unterschiedlichen Bühnen bewegen. Zudem schildert eine Mentaltrainerin, wie sich die innere Einstellung stärken lässt.

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Power durch Passion! Matthias Daneck wusste schon als Bub, dass er Schlagzeuger werden wollte. Seine Ambitionen als Musiker waren immer stark und blieben auch dann im Vordergrund, als bei ihm Diabetes Typ 1 diagnostiziert wurde.

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Es klingt leicht. «Man muss tun, was man liebt. Dann hat man viel Energie und kann grosse, besondere Herausforderungen gut meistern.»

Was Matthias Daneck im Gespräch betont, ist auch zu hören und zu beobachten, wenn er Schlagzeug spielt. An diesem Nachmittag im Übungskeller der Musikschule Gelterkinden, an der er seit über dreissig Jahren unterrichtet. Manche Schülerinnen und Schüler erinnern ihn wohl daran, wie seine eigene Musikerkarriere begann: mit viel Talent und Begeisterung für Perkussion und Rhythmus sowie mit ausdauerndem Üben. Schon als Jugendlicher stand er solo und mit Bands auf der Bühne und träumte davon, Berufsmusiker zu werden. Seine Eltern waren dagegen, obwohl die Mutter Musiklehrerin war, aber doch zu weit weg von Schlagzeug und Jazz. «Ich wusste ganz klar, was ich wollte, und zog es durch», erzählt der heute 57-Jährige. Während vier Jahren studierte er an der Swiss Jazz School sowie am Konservatorium für Musik in Bern und später in New York bei bekannten Schlagzeugern. Gegen Ende des Studiums begann er mit seinem Engagement in Gelterkinden. Dank Teilzeitpensum und Schulferien ist es ihm möglich, weltweit auf Konzerttourneen zu gehen. «Das freie Musikerleben muss man sich erkämpfen», sagt Matthias Daneck. «Indem man möglichst gut spielt, sich durchsetzt und zugleich auf andere abstimmt, um seinen festen Platz in Ensembles, Orchestern oder Bands zu finden.» Seit vielen Jahren spielt der Schlagzeuger mit erfolgreichen Bands und Musikerinnen wie der Sängerin Ute Lemper vor grossem Publikum.

«Meine positive Einstellung bleibt in mir verankert: Ich will Musiker sein, super spielen und mich durch den Diabetes nicht einschränken lassen.» Matthias Daneck (57), Berufsmusiker und Schlagzeuglehrer

Er fühlte sich auf der Bühne und im Leben sicher, als er mit 39 Jahren die Diagnose Diabetes Typ 1 erhielt. «Das war ein Riesenschreck. Ich verstand die Diabetestherapie aber ziemlich schnell und wollte sie sofort richtig umsetzen. Je besser ich den Diabetes im Griff haben würde, desto leichter konnte ich für Auftritte herumreisen – mit allen Anstrengungen, die dazugehören.» Dem Diabetesmanagement begegnet Matthias Daneck mit vergleichba-ren Ambitionen wie der Musik. Er eignet sich Wissen und Können an, lässt sich vollkommen darauf ein, übt sich in Perfektionismus und Disziplin, lebt selbstverantwortlich, aber nicht in der Komfortzone – und ärgert sich nicht allzu lang über Mühsames oder Misserfolge. «Meine positive Einstellung bleibt in mir verankert: Ich will Musiker sein, super spielen und mich durch den Diabetes nicht einschränken lassen, weder beruflich noch privat und in meinen sportlichen Aktivitäten. Insbesondere das Skifahren habe ich mir nie nehmen lassen.»

Bedrückt ihn etwas, wie zum Beispiel die abgesagten Auftritte während der Coronazeit, ist es naheliegend, was er macht: Musik. «Entweder übe ich Schlagzeug oder ich komponiere. Selbst geschriebene Musik entsteht meist, wenn ich melancholisch bin. Die Stücke sind nicht positiv, sondern widerspiegeln, wie ich mich fühle. Ich gebe meinen Zustand an die Komposition ab. Gefällt mir das Stück, ist es eine Belohnung, sodass es mir gleich besser geht.

Rückblickend ist er dankbar, die Diagnose Diabetes erst in einem Alter bekommen zu haben, «als ich es schon gewohnt war, mit Herausforderungen, hohen Ansprüchen und Selbstdisziplin klarzukommen. Auch hatte ich bereits meine Familie. Das hilft enorm und lenkt ab. Mich hängen zu lassen, wäre keine Option.»

Bis er eine unbelastete Beziehung zum Diabetes fand, dauerte es seine Zeit. Die ersten Jahre nach der Diagnose bedeuteten viel Stress. Die kapillären Messungen und Pen-Injektionen ergaben Ungenauigkeiten und Blutzuckerschwankungen, was sich unter anderem auf die Konzentration beim Unterrichten oder auf der Bühne auswirken konnte. «Es kam einmal vor, dass ich vor einem Konzert den Soundcheck unterbrechen musste, um etwas zu essen. Auch war ich zweimal an Konzerten so unterzuckert, dass ich beinahe nicht mehr weiterspielen konnte. Hätte ich aufhören müssen, wäre es sehr peinlich gewesen, weil das Publikum nichts von meinem Diabetes weiss.» Deutlich besser wurde die Situation mit dem Einsatz des Glukosesensors und schliesslich mit der Insulinpumpe, ganz besonders mit der jüngsten Generation der Pumpe. Seitdem das Diabetesmanagement präziser und leichter geworden ist, fühlt sich Matthias Daneck entlastet, mehr noch: «Der Diabetes stärkt mein Selbstbewusstsein. Da ich eigentlich ein Handicap habe und trotzdem vieles besser kann als Leute, die dieses Handicap nicht haben.»

Sein Können, die jahrelange Erfahrung, der routinierte Blick auf die Blutzuckerkurve vor dem Auftritt und in Spielpausen und der allzeit griffbereite Traubenzucker neben den Trommeln geben ihm viel Ruhe. «Ich freue mich immer sehr aufs Spielen. Sobald ich an meinem Platz sitze und das Konzert losgeht, bin ich glücklich und will nur noch spielen.» (PG)

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«Mein beruflicher Weg war nicht immer einfach, ich musste mir vieles erkämpfen. Geholfen hat mir dabei sicher, dass ich durch den Diabetes viel Disziplin und Durchhaltevermögen entwickelt habe.» Giulia Lötscher (31), Reporterin bei Radio SRF, gibt hier Einblick in ihre Erfahrungen mit Diabetes.

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«Der Sensoralarm weckt mich schon wieder. Es ist diese Nacht bereits die dritte Unterzuckerung. In einer Stunde muss ich aufstehen und weiss jetzt schon: Das wird kein guter Tag. Ich bin schlecht gelaunt, müde und verfluche meinen Diabetes. Es gibt mittlerweile aber nur wenige Tage, an denen mich der Diabetes herunterzieht.

In den zehn Jahren seit meiner Diagnose sind die grossen seelischen Tiefs immer seltener geworden. Die meisten der täglichen kleineren Herausforderungen habe ich gelernt zu akzeptieren, denn schliesslich kann ich keinen einzigen Tag ‹Diabetes- frei› machen.

Wie ich aus einem seelischen Tief am besten herauskomme? Im ersten Moment gar nicht. Die Wut und die Frustration brauchen in dem Augenblick kurz Platz. Nun alles schönzureden, bringt mir persönlich nichts. Denn Diabetes ist nicht schön, und ich darf deswegen auch mal niedergeschlagen sein. Je mehr ich versuche, das schlechte Gefühl zu unterdrücken, desto schlimmer wird es. Natürlich ist es wichtig, da wieder herauszukommen.

Ich habe erfahren, dass jedes meiner Tiefs vorbeigeht. Bis zu dieser Erkenntnis brauchte es jedoch seine Zeit. Die Diagnose Diabetes Typ 1 stellte mein Leben mit Anfang 20 komplett auf den Kopf. An diesem Tag bin ich wohl um mindestens ein paar Jahre älter und reifer geworden. Ich habe mein Leben schätzen gelernt und schaue es nicht mehr als selbstverständlich an.

«Mit der Zeit spürt man, was einem persönlich guttut. Ich kriege den Kopf am besten frei beim Sport machen oder in der Natur.»

Vollständig vermeiden lassen sich die seelischen Tiefs nicht. Aber mit der Zeit spürt man, was einem persönlich guttut. Ich kriege den Kopf am besten frei beim Sportmachen oder in der Natur. Zudem hilft mir der Austausch mit anderen Betroffenen, denn auch sie sind mal bedrückt – was mir zeigt, dass es normal ist und wir uns gegenseitig stärken können. Es besteht eine grosse Diabetes-Community. Das ist einer der Gründe, weshalb ich auch in den sozialen Medien (Facebook, Instagram u. a.) sehr offen mit dem Thema Diabetes umgehe.

Ein weiterer Grund für meine Offenheit: Nach der Diagnosestellung war ich mit Vorurteilen gegenüber Diabetes konfrontiert. Anstatt mich immer nur darüber zu nerven, wollte ich lieber meine Reichweite nutzen, um den Menschen aufzuzeigen, was es heisst, damit zu leben. Sind andere informiert, ist es auch für mich einfacher. Es ist für mich kein Problem, darauf angesprochen zu werden. Mir ist lieber, wenn Leute Fragen stellen, als mir schräge Vorurteile an den Kopf zu werfen.

Allgemein versuche ich, die Medien wenn immer möglich für Aufklärung zu nutzen. Vermutlich bin ich Radiojournalistin geworden, um auch anderen Menschen einen Platz für ihre Geschichten zu geben. Mein beruflicher Weg war nicht immer einfach, ich musste mir vieles erkämpfen. Geholfen hat mir dabei sicher, dass ich durch den Diabetes viel Disziplin und Durchhaltevermögen entwickelt habe.

Was mir heute noch oft zu schaffen macht, sind die vielen Entscheidungen, die ich ständig treffen muss. Wie viele Kohlenhydrate hat die Mahlzeit? Mit wie viel Insulin soll ich den Blutzuckerwert korrigieren? Kann ich unbeschwert zum Sport? Habe ich genügend Insulin und Traubenzucker dabei? Antworten kann mir niemand geben – ausser ich mir selbst. Das kann sehr anstrengend sein.

Manchmal bin ich dankbar, dass ich die Diagnose ‹erst› mit 20 Jahren erhielt und die Jahre davor unbeschwert gelebt hatte. Natürlich führe ich auch heute ein normales Leben und versuche, alle meine gesetzten Ziele zu erreichen. Dennoch gibt es sie ab und zu: Die Tage, an denen ich müde bin, weil ich mich in der Nacht davor um meinen Diabetes kümmern musste. Mich darauf einzulassen, obwohl ich eigentlich gar keine Lust darauf habe, macht mich nur noch stärker.» (GL)

 

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Mentale Stärke lässt sich einüben und trainieren 

Die nachstehenden Anregungen stammen von Monika Wicki-Hess und basieren auf Methoden des Mentaltrainings.

Was hilft, um Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen?

– Komfortzone verlassen, um sich persönlich weiterzuentwickeln.
– Gegebenheiten annehmen.
– Persönliche Ziele formulieren, die wichtig, messbar, attraktiv, realistisch, anpassbar und terminiert sind.
– Gedankenkontrolle
– positive, inspirierende, bejahende Gedanken fördern (siehe auch «Umgang mit störenden Gedanken»).
– Innere Vorstellungskraft wirken lassen, wohltuende Situationen visualisieren (siehe unter «Visualisierung»).

Umgang mit störenden Gedanken

— Die Gedanken wahrnehmen durch Aufschreiben.

— Belastendes Gedankenkreisen bewusst anhalten, indem man innerlich (oder laut zu sich selbst) «Stopp» sagt.

— Das Denken verändern: mit stärkenden Leitsätzen und Aufträgen an sich selbst. Die bejahend formulierten Leitsätze/Gedanken sollen:

* das Wort ICH enthalten.
* die eigenen Stärken thematisieren.
* lösungsorientiert und handlungsrelevant sein.
* die Gegenwart oder Zukunft betreffen.
* realistisch sein.

— Neue Gedanken verinnerlichen: die bejahend formulierten Gedanken oder Leitsätze in sich tragen und in Selbstgesprächen  wiederholen.

Die Methode der Visualisierung

Gedanken werden grenzenlos, wenn die Vorstellungskraft trainiert wird. Das geschieht zum Beispiel durch Visualisieren, indem man sich mental und emotional in eine gewünschte Situation hineinversetzt. Das kann ein schöner, erholsamer Ort sein, an den man ganz besonders gute Erinnerungen hat. Bei der Visualisierung begibt man sich innerlich an diesen Ort und bezieht alle Sinnesempfindungen ein: Was sehe, höre, rieche, fühle und schmecke ich dort? Daraus entstehen Gedanken und Bilder, die im Moment dieses Erlebens gelten und wahr sind. So lassen sich eigene Erholungsinseln erschaffen.

Auch für das Erreichen von persönlichen Zielen ist die Visualisierung eine wirksame Methode. Je besser man sich ein Ziel oder Vorhaben vorstellen kann, desto eher wird es Realität.

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«Man kann nicht zwei Gedanken gleichzeitig haben. Denke ich an etwas Schönes, hat es in diesem Moment keinen Platz für frustrierende Gedanken.»

Gespräch mit Monika Wicki-Hess, Mentaltrainerin Monika

 

Wicki-Hess debütierte mit 17 Jahren im alpinen Ski-Weltcup und wurde im gleichen Jahr Vize-Weltmeisterin im Slalom bei den Junioren. Als Spitzensportlerin erkannte sie die Moglichkeiten des psychologischen und mentalen Trainings schon früh. Sie ist überzeugt: Erfolg beginnt im Kopf.

Ihre sportlichen Erfahrungen, ihre Erkenntnisse aus dem Leben und ihre Ausbildung zur Mentaltrainerin am Institut fur Angewandte Psychologie (IAP) Zürich bilden den Erfahrungsschatz, den Monika Wicki-Hess in ihrer Tatigkeit als Mentaltrainerin weitergibt.

 

Frau Wicki-Hess, was bedeutet mentale Stärke?

Mental stark bin ich, wenn ich überzeugt bin, mit meinen eigenen Kräften eine Herausforderung angehen und bewältigen zu können. Das liegt an der inneren Einstellung; daran, was und wie ich denke. Sehe ich zum Beispiel eine sich anbahnende Veränderung als grosse Gefahr oder vielmehr als etwas, aus dem ich das Beste machen kann? Die innere Stärke hilft mir, das Leben so zu gestalten, dass es für mich stimmt. Wenn ich mit einer anspruchsvollen Situation hadere und mich ihr ausgeliefert fühle, ist das Leben schwierig. Weil ich mir überall Hürden vorstelle und nicht weiss, wie diese zu überwinden sind. Wer mental stark ist, sieht Lösungen und versucht, diese umzusetzen.

Was hilft, um mit Problemen klarzukommen?

Die Orientierung an individuellen Zielen: Was möchte ich erreichen, wofür lohnt es sich zu kämpfen, wenn ich in einem seelischen Tief bin? Ziele sind grundsätzlich sehr wichtig für die Motivation, etwas anzupacken oder zu verändern. Fehlen die Zielsetzungen, verharre ich im Tief. Beispielsweise könnte ich mir vor Augen halten: Ich will bis ins hohe Alter ein möglichst gesundes Leben führen.

Sie sprechen etwas an, um das sich viele Menschen mit Diabetes bemühen: ohne Spätschäden alt zu werden.

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, die Ziele positiv zu formulieren: «ohne Spätschäden» enthält mit den Wörtern «ohne» und «Schäden» zwei negative Aspekte. Hingegen ist «möglichst gesund leben» positiv ausgedrückt. Das stärkt seelisch und emotional, während negativ besetzte Wörter wie «ohne», «kein», «nicht» oder «nie» eher schwächen. Es können auch kurzfristige Tages- oder Wochenziele sein und Ziele, die verhältnismässig leicht erreichbar sind. Wichtig ist, dass sie verinnerlicht werden, damit sie einen durch schwierige Zeiten tragen.

Gibt es besonders günstige Momente für das Setzen von Zielen?

Die Ziele soll man festlegen, wenn man sich gut fühlt. Geht es einem schlecht, ist man nicht fähig, konstruktive Gedanken zu fassen. Weil die Emotionen den Blick verschliessen. Man ist traurig, vielleicht auch wütend über die ganze Situation, über das Weltgeschehen, die Ärzte, das nächste Umfeld. Die Emotionen soll und darf man ausleben. Doch es gibt einen Punkt, an dem ich davon Abstand nehmen sollte, indem ich etwas tue, was mich erfreut – zum Beispiel im Wald spazieren oder joggen gehen. Danach bin ich ruhiger, kann analysieren, weshalb ich in dieses Tief geraten bin und wie ich es ein nächstes Mal vermeiden kann.

Sie sind Mentaltrainerin von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern. Am T1D-Tag haben Sie einen Workshop für Diabetesbetroffene geleitet. Wo sehen Sie die Parallelen zum Spitzensport?

Ob grosse sportliche oder gesundheitliche Herausforderungen – beides benötigt enorme persönliche Leistungen und eine starke innere Motivation, um gesetzte Ziele zu erreichen. Und dies ohne Garantie auf sofortige Bestätigung oder den grossen Erfolg. Auf dem eingeschlagenen Weg gibt es schlechtere und bessere Momente, Rückschläge und Frustrationen, aus denen man herausfinden muss – und wodurch man zugleich reicher an Erfahrungen wird.

Eine Sportlerin entscheidet sich selbst für diese Herausforderungen und kann den Sport auch hinter sich lassen. Eine Diabetikerin kann sich aber nicht vom Diabetes verabschieden.

Gemeinsam ist den beiden, dass sie sich mit den Methoden des Mentaltrainings (siehe Textbox oben) das Leben erleichtern können. Die Diabetikerin kann es – wie die Sportlerin – als tägliche Aufgabe verstehen, möglichst im Lot zu sein. Empfindet sie es als Kampf, entsteht eine negative, kräfteraubende Lebenssituation.

Wie lässt sich die mentale Stärke fördern?

Das Denken beeinflusst das Handeln. Für die mentale Stabilität ist es deshalb gut, die eigenen Gedanken zu kennen und sie regelmässig aufzuschreiben. Daraus lässt sich nach einer gewissen Zeit ein Gedankenmuster herauslesen und verstehen, woher die schlechte Laune oder die Bedrücktheit kommt. Sind die Gedanken tendenziell negativ, abwertend oder düster, ist es wirksam, die notierten Sätze soumzuschreiben, dass ihr Sinn positiv wird. Mit der Haltung: Ich will mich auf stärkende, aufbauende Gedanken konzentrieren. Taucht ein negativer Gedanke wieder auf, stoppe ich diesen, indem ich mich an den Ersatzgedanken erinnere. Wichtig: Man kann nicht zwei Gedanken gleichzeitig haben. Denke ich an etwas Schönes, hat es in diesem Moment keinen Platz für frustrierende Gedanken. Deshalb hole ich mich automatisch vom Negativen weg, wenn ich ermutigende Leitsätze innerlich wiederhole.

Stark sein zu müssen, kann eine Form von Leistungsdruck bedeuten.

Es wäre unnatürlich, immerzu positiv zu denken. Zum Leben gehört zum Beispiel, manchmal Mitleid mit sich zu haben. Zudem ist es eine Stärke, die Belastungsgrenzen zu erkennen, um sich nicht zu überfordern. Ich sehe das Mentaltraining hauptsächlich als Prävention, um sich mit mühsamen und schwierigen Dingen zurechtzufinden, bevor es zur psychischen Überbelastung kommt. Je besser ich Hürden überwinden kann, desto mehr erfreuliche Erfahrungen und Erfolgserlebnisse kann ich sammeln, was mich widerstandsfähig macht.

Woran erkennt man, dass es gut wäre, Hilfe von aussen anzunehmen?

Wenn man während zwei, drei Wochen oder wiederkehrend zu kaum etwas Lust hat und soziale Kontakte meidet. Deutliche Anzeichen sind zudem eine sich endlos drehende Gedankenspirale nach unten und ständiges Grübeln. Dann ist es Zeit, herauszufinden, was man tun kann, damit es einem besser geht – und zu wissen, wie sich das erreichte seelische Wohlbefinden möglichst beibehalten lässt.

Mentaltraining muss von den Hilfesuchenden selbst bezahlt werden. (Im Gegensatz beispielsweise zur psychotherapeutischen Unterstützung, die von den Krankenkassen vergütet wird.)

Das ist richtig. Der Hauptgrund liegt darin, dass wir Mentaltrainerinnen und Mentaltrainer mit psychisch gesunden Menschen präventiv arbeiten. Es ist nicht unsere Aufgabe zu therapieren. Daher werden unsere Dienstleistungen nicht von den Krankenkassen bezahlt. Mentaltraining muss nicht kostspielig sein. In zwei bis drei Sitzungen kann man gezielt auf ein Thema eingehen und konkrete, alltagsorientierte Methoden einüben, welche helfen, die vorhandenen Herausforderungen zu bewältigen. Die Klientin oder der Klient kann die Methoden sofort ausprobieren und etwas in Bewegung setzen. Wer möglichst viel für die eigene Gesundheit tun möchte, sollte unbedingt die mentale Gesundheit einbeziehen. (PG)

> Adressen von Mentaltrainerinnen und -trainern finden Sie beim Schweizer Dachverband Persönlichkeitstraining: www.v-p-t.ch

Es lohnt sich zudem, im Freundes- und Bekanntenkreis nach Erfahrungen mit Mentaltraining oder Coaching und nach Adressen zu fragen.

> Treten psychische Schwierigkeiten oder Suizidgedanken auf – bei sich selbst oder einer anderen Person – helfen folgende Organisationen weiter:

www.promentesana.ch – Das Team von Pro Mente Sana bietet kostenlose Beratung zu psychosozialen und juristischen Fragen für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung, für deren Angehörigen und Nahestehenden sowie weitere Bezugspersonen – online oder am Telefon: 0848 800 858.

www.143.ch – Die Dargebotene Hand. Die Beratenden der Telefonnummer 143 sind rund um die Uhr für anonyme Gespräche erreichbar und empfehlen auf Wunsch geeignete Hilfsangebote. Spezielle Hilfe für Kinder und Jugendliche gibt es unter der Nummer 147.

AutorIn: Texte: Pascale Gmur, Giulia Lotscher / Fotos: Maurice K. Grunig