Blaue Kartoffeln

Gelbe, weisse, rötliche Kartoffeln kennen wir ja schon lange. In den Kordilleren von Chile und Perù, der ursprünglichen Heimat der Kartoffel (Solanum tuberosum), waren mehr als hundert Sorten von Papas – wie diese auf Spanisch heissen – bekannt. Die Inkas verbreiteten die wertvolle Nahrungspflanze schon um das Jahr 1000 bis nach Mexiko und in den Südwesten von Nordamerika, also lange bevor die Europäer 1492 die «Neue Welt» eroberten.

Tabelle: 100 g Kartoffeln enthaltenBald nach 1565 wurden sie dann aber durch den Sklavenhändler Hawkins nach Irland gebracht. Wenig später gelangten sie nach Italien und Frankreich. Sowohl in Irland wie in Mitteleuropa wurden Kartoffeln mit Skepsis aufgenommen. Vermutlich, weil man ihre giftigen Beeren-Früchte genoss; ist doch die Kartoffelpflanze ein Nachtschattengewächs wie die giftige Tollkirsche, deren schwarze Beeren immerhin in der Medizin als Belladonna genutzt werden können. Hinderlich für eine rasche Ausbreitung der wertvollen Nahrungspflanze war übrigens (laut dem «Grossen Sacher Kochbuch») in Österreich auch die Geistlichkeit, weil sie von dieser neuen Frucht keinen Zehnten erheben durfte.
Erst Hungersnöte, Kriege und Missernten im 17. und 18. Jahrhundert verhalfen dem Kartoffelanbau zur Ausbreitung in ganz Europa, bis ans äusserste Ende des Russischen Reichs und nach China. Nun verdrängten Kartoffeln zunehmend die bisherigen Hauptnahrungsmittel Kastanien, Rüben und andere Wurzelgemüse.
Und bald schon kam man auf die Idee, Kartoffeln auch zu Schnaps zu brennen. Noch vor 60 und 70 Jahren glaubte man, Kartoffelschnaps sei ein hilfreiches Mittel in der Diabetesbehandlung – gegen welche Meinung mein damaliger Chef Dr. G. R. Constam immer wieder anzukämpfen hatte.
Die wichtigsten bei uns angebotenen Kartoffelsorten hat Margrit Niedermann im «d-journal» Nr. 192/08 vorgestellt. Neu dazu sind nun eben die «Blauen St. Galler», die der Flawiler Agronom Christoph Gämperli züchtete und die ebenfalls in unserer Nr. 192 erstmals vorgestellt wurden.
Die besten Kartoffeln, die ich je genoss, gediehen übrigens in unserem Garten im Zweiten Weltkrieg, als Lebensmittel auch bei uns knapp und rationiert waren. Unser Garten war in jener Zeit noch grösser, und er war bis an seine Grenzen mit Kartoffeln, Mais oder Bohnen bepflanzt. «Frühkartoffeln» leistete man sich damals nicht; man liess die Kartoffeln ausreifen und war dankbar für möglichst grosse Knollen. Dazu noch ein Tipp: Grosse – vor allem – alte Kartoffeln setzt man in kaltem Wasser auf, Frühkartoffeln in kochendem Wasser; für beide Arten wird das Kochwasser gesalzen.
Kartoffeln enthalten neben etwa 16 % verwertbaren Kohlenhydraten, wertvolles Eiweiss, Nahrungsfasern, Vitamine und Mineralstoffe.

Kochtypen der Kartoffeln

Kochtyp A: fest kochend
Feste Kartoffeln, die auch bei längerem Kochen nicht zerfallen. Die Konsistenz ist fest, schnittfest, nicht mehlig.
Ideal für: Kartoffelsalat, Salzkartoffeln, Schalenkartoffeln
Geeignet für: Bratkartoffeln (roh), Kartoffelsuppe
Sorten: Charlotte, Nicola, Stella …


Kochtyp B: vorwiegend festkochend

Die Schale springt beim Kochen gerne auf. Die Kartoffeln sind schwach mehlig und haben meist eine feste Konsistenz.
Ideal für: Rösti, Bratkartoffeln
Geeignet für: Schalenkartoffeln, Salzkartoffeln, Kartoffelsalat
Sorten: Sirtema, Ostara, Urgenta, Granola, Mona Lisa …

Kochtyp C: mehlig kochend
Die Schale der Kartoffeln springt beim Kochen stark auf. Ihr Fleisch ist mehlig, trocken und locker.
Ideal für: Kartoffelstock, Pommes frites, Gerichte aus Kartoffelteig, Baked Potatoes
Geeignet für: Kartoffelgratin, Saucenkartoffeln, Bratkartoffeln (roh)
Sorten: Bintje, Agria, Matilda, Désirée …

AutorIn: Myrtha Frick