Eigentlich dürfen Krankenkassen keine Personen mehr anrufen, die noch nie bei ihnen versichert waren. Trotzdem kommt es vor, teilweise über dubiose Callcenter im Ausland, deren angebliche Makler auch nicht unbedingt an unserer Gesundheit interessiert sind. Bei mir im Wohnzimmer steht noch ein Festnetz- Telefon. Ab und zu werde ich tatsächlich noch von alten Freunden oder Bekannten darauf angerufen. Zweimal wollte ich das Abonnement schon telefonisch künden, habe dann aber wegen der unendlich langen Wartemusik aufgegeben. Also bleibe ich ein sogenannter «Festnetz-Telefonierer». Im «Wörterbuch der Jugendsprache» wird dieser als eine «rückständige Person» definiert, für den «Spiegel» ist das Wort sogar eine Umschreibung für geistig Minderbemittelte. Ich kann damit leben. Das Festnetz bzw. mein Eintrag im Telefonregister bringt es mit sich, dass ich regelmässig Anrufe erhalte, um die ich nie gebeten habe. Neulich sah ich auf dem Display eine Nummer mit der Vorwahl 0065 von Singapur. Nach einigen Schaltsekunden meldete sich eine Frau in gebrochenem Englisch. Sie rufe mich von «Microsoft» in Redmond USA an und wolle mir sagen, dass mein Computer mit einem Virus infiziert sei. Was denn das für ein Virus sei, fragte ich schelmisch, was die Dame bereits ans Ende ihres Computerwissens brachte. Sie verbinde mich gleich mit dem Chef, stammelte sie. Als sich dieser angebliche Chef meldete, log ich hemmungslos, ich sei von der «Swiss Cyber Police» und er solle mir Namen und Adresse buchstabieren. Daraufhin legte er sofort auf, und für einige Wochen erhielt ich keine Hilfsangebote mehr aus Singapur. Im Herbst, wenn die höheren Krankenkassenprämien bekannt werden, erreichen mich über das Festnetz jeweils andere ungebetene Gesprächspartner. Sie zeigen sich besorgt über die Teuerung und bieten mir deutlich tiefere Prämien an. Spätestens bei der Frage, welche Versicherung ich habe und wie viel ich dafür bezahle, greife ich jeweils zum verbalen Hammer: Ich sage, völlig ohne zu bluffen, ich hätte Diabetes und sei sehr daran interessiert, eine günstigere Krankenkasse plus Zusatzversicherung abzuschliessen. In der Regel endet die Konversation mit dem Versprechen, mich in den nächsten Tagen zurückzurufen. Keine Nachfrage nach Art und Qualität der medizinischen Behandlung, kein Interesse an meinem HbA1c-Wert – und definitiv kein Rückruf in den nächsten Wochen. Falls Sie bessere Erfahrungen gemacht haben – Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen …

AutorIn: Christian Lüscher