Spatz sitz auf Rohr und trinkt Wasser

Dass Süssgetränke, Eistee und Energy Drinks haufenweise leere ­Kalorien liefern und damit gesundheitlich unerwünschte Auswirkungen haben auf zahlreiche Stoffwechselvorgänge, wird kaum mehr in Frage gestellt. Wiederholt wurde deshalb empfohlen, zur geschmacklichen Bereicherung des Flüssigkeitsersatzes «massvoll» künstlich gesüsste Getränke einzunehmen. Allerdings hat man in den letzten Jahren festgestellt, dass Menschen, die regelmässig Süssstoffe konsumieren, dadurch keinen Gewichtsvorteil haben. Eine eben veröffentlichte Studie lässt nun noch mehr zweifeln an der Unbedenklichkeit regelmässigen (!) Konsums künstlich gesüsster Getränke.

Im Rahmen der riesigen WHI-OS Studie (Women’s Health Initiative) in den USA wurde in einer Langzeitbeobachtung von fast 82 000 Frauen untersucht, ob der Konsum künstlich gesüsster Getränke einen Einfluss haben könnte auf das Auftreten von Hirnschlägen und koronarer Herzkrankheit bzw. auf die allgemeine Sterblichkeit. Alle Teilnehmerinnen waren zu Beginn der Studie zwischen 50 und 79 Jahre alt. Sie wurden im Durchschnitt fast 12 Jahre lang beobachtet. Fast zwei Drittel der Frauen tranken nie künstlich gesüsste Mineralwasser oder taten dies höchstens einmal pro Woche. Anderseits konsumierten rund 5 % diese Getränke zweimal pro Tag oder noch häufiger. Zwar waren die Frauen in dieser Gruppe im Durchschnitt etwas schwerer, körperlich etwas weniger aktiv und ernährten sich ungesünder. In der statistischen Auswertung der Resultate wurde dies aber mitberücksichtigt.
Verglichen mit den gelegentlichen Konsumentinnen hatten Frauen, die täglich zwei oder mehr dieser Drinks zu sich nahmen, eine um 31 % erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Hirnschlag mit Verstopfung der Blutgefässe. Das Risiko für eine koronare Herzkrankheit war um 29 %, das Sterberisiko um 16 % erhöht. Die Autoren der Studie betonen, dass diese Resultate nicht erklärt werden können durch bekannte Risikofaktoren wie erhöhten Blutdruck oder Typ-2-Diabetes.
Es ist bisher nicht eindeutig geklärt, ob die künstlich gesüssten Getränke ganz direkt verantwortlich sind für diese ernüchternden Resultate. Da weder die körperliche Aktivität noch die Ernährung genau gemessen, sondern aufgrund einer Selbstdeklaration lediglich geschätzt wurden, ist es nicht ausgeschlossen, dass Frauen mit einem a priori die Gesundheit schädigenden Lebensstil eher dazu neigen, regelmässig «Diät»-Getränke zu konsumieren. Auch ist es denkbar, dass ein (leicht) erhöhtes Körpergewicht Anlass dazu gab, bei den Getränken Kalorien sparen zu wollen.
Die zunehmenden Hinweise über wahrscheinliche negative Folgen eines regelmässigen Konsums von künstlich gesüssten Getränken lässt Zweifel aufkommen, ob die Beurteilung vieler Fachgesellschaften und Gesundheitsorganisationen, dass ein «massvoller» Konsum dieser Getränke gesundheitlich unbedenklich sei, so noch vertretbar ist. Weitere Studien sind nötig. Insbesondere wäre es hilfreich zu wissen, ob alle Süssstoffe nachteilige Folgen haben können. Mit aller erdenklichen Klarheit kann indes schon heute gesagt werden: Der regelmässige Konsum von Wasser führt nie zu gesundheitlichen Problemen!

(Quelle: Stroke 2019; 50: 555-562)

AutorIn: Dr. med. K. Scheidegger