Menschen, die an unbehandeltem Diabetes mellitus Typ 2 leiden, haben zu hohe Blutzuckerwerte. Diese sind über die Jahre hinweg schädlich für die Blutgefässe, die Nieren und die Nervenleitungen und führen zu einem deutlich erhöhten Risiko für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt, für Nierenversagen oder eine Erblindung und für eine Vielzahl weiterer sogenannter Folgeerkrankungen. Um diesen vorzubeugen, ist es wichtig, dass die Blutzuckerwerte wieder in einen möglichst normalen Bereich gesenkt werden.

Die Steigerung der körperlichen Aktivität (Bewegung) und eine Ernährungsumstellung sind als Basismassnahmen zur Senkung des Blutzuckerspiegels sehr nützlich, aber leider oft nicht ausreichend. Mit dem zusätzlichen Einsatz blutzuckersenkender Medikamente verbessern sich nicht nur die Blutzuckerwerte. Es werden auch die erwähnten Folgeerkrankungen möglichst
verhindert oder deren Auftreten verzögert. Die Medikamente sind in der Regel in Tablettenform einzunehmen. Einzelne werden ins Unterhautfettgewebe gespritzt.

Vielzahl von Medikamenten

Das Angebot an Medikamenten für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist heute sehr gross (vgl. Tabelle). Allgemein kann mit einem Medikament der Blutzuckerlangzeitwert (HbA1c) absolut um 0,5 bis 1,5 Prozent gesenkt werden. Die Substanzen unterscheiden sich nicht nur bezüglich Wirkungsweise und Effekt auf den Blutzucker, sondern auch in Bezug auf Nebenwirkungen und Verträglichkeit. Einzelne Präparate haben zudem günstige Wirkungen über die reine Blutzuckersenkung hinaus. So können Folgeerkrankungen und/oder begleitende Herz-Kreislauf- und Nierenkrankheiten besonders gut verhindert oder behandelt werden.

Welche Arten von Medikamenten gibt es?

Je nach Stoffklasse haben die Medikamente unterschiedliche Wirkmechanismen, weshalb viele von ihnen auch sehr gut miteinander und/oder mit Insulin kombiniert werden können. Alle Medikamente sind gut erprobt und bei richtigem Einsatz grundsätzlich gefahrlos. Metformin aus der Wirkstoffklasse der Biguanide ist erste Wahl, weil es die Wirksamkeit des Insulins erhöht, keine Gewichtszunahme verursacht und kostengünstig ist. Es kann gelegentlich Magen-Darm-Beschwerden verursachen. Deshalb wird die Behandlung mit einer niedrigen Dosis eingeleitet. Bei schwerer Nierenschwäche darf es nicht eingesetzt werden. Sulfonylharnstoffe oder Glinide regen die Freisetzung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse an. Als Nebenwirkung kann es deshalb in Ausnahmefällen zu Unterzuckerungen kommen. Langfristig wird auch eine leichte Gewichtszunahme begünstigt. Glitazone verbessern die Insulinwirkung. Sie werden heute wegen ihrer ungünstigen Wirkung auf den Knochenstoffwechsel (Osteoporose), das Körpergewicht und der häufig beobachteten Wasseransammlung im Körper (Ödeme) kaum noch eingesetzt. Gliflozine führen zu einer Ausscheidung von Zucker über die Nieren, was den Blutzucker deutlich senkt und auch zu einem oft erwünschten Kalorienverlust führt. Auch haben sie einen sehr günstigen Effekt auf die Funktion des Herzens und der Nieren, der nicht alleine auf den tieferen Blutzucker zurückgeführt wird. Der zuckerhaltige Urin kann zu Infektionen der Harnwege und der Geschlechtsorgane (Scheidenpilz) führen. Letztendlich gibt es noch die Gliptine und die Glutide, die nahrungsabhängig die Insulinausschüttung im Körper stimulieren, was das Unterzuckerungsrisiko im Vergleich zu den Sulfonylharnstoffen deutlich vermindert. Glutide haben auch einen gewichtssenkenden und appetithemmenden Effekt, weshalb sie häufig bei Übergewicht zum Einsatz kommen. Die Verhinderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht bei ihnen über die positive Wirkung des tieferen Blutzuckers hinaus. Als Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden bekannt. Die Medikamente werden deshalb bei Therapiebeginn zunächst niedrig dosiert.

Wann, welches Medikament?

Die Wahl der einzusetzenden Medikamente muss bei jedem Menschen, unter Berücksichtigung seiner persönlichen Vorlieben, individuell festgelegt werden. Dabei sind insbesondere zu beachten: der Gesundheitszustand im Allgemeinen, die angestrebten Blutzucker- respektive HbA1c-Werte, begleitende weitere Erkrankungen wie Übergewicht, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen, die Einnahme bereits verordneter Medikamente, die Nebenwirkungen der Medikamente und deren Verträglichkeit.

Der Verlauf des Typ-2-Diabetes führt über die Jahre oft zu einer nachlassenden Wirkung der eingesetzten Medikamente, weil die zunächst noch verbliebene Restfunktion der Bauchspeicheldrüse im Lauf der Jahre weiter abnimmt. Der zusätzliche Einsatz von Insulin ist deshalb im späteren Krankheitsverlauf des Diabetes oft nicht zu vermeiden.

Nicht zu vergessen

Menschen mit Typ-2-Diabetes haben oft auch zu hohe Blutdruck- und Cholesterinwerte. Diese müssen gleichermassen konsequent behandelt werden wie der zu hohe Blutzucker, erhöhen sie doch ebenfalls das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Auch auf das Rauchen sollte unbedingt verzichtet werden. Rauchen ist nicht nur für die Lungen, sondern gerade bei Menschen mit Diabetes mellitus auch für die Blutgefässe extrem schädlich.

AutorIn: Dr. med. Alexander Spillmann