Massnahmen gegen Infektionen

 

 

 

 

 

Während auf eine Impfung gegen das neue Coronavirus gewartet wird, stehen seit längerem Impfungen gegen andere Infektionskrankheiten zur Verfügung, deren Wirksamkeit und Sicherheit gut bekannt sind. Die Impfempfehlungen sind nicht nur während einer Pandemie und der anstehenden Grippesaison zu beachten.

Dr. med. Lea Slahor

Impfen ist die wichtigste Massnahme zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Durch Nachahmung einer spezifischen Infektion wird das körpereigene Abwehrsystem stimuliert und bildet ein sogenanntes «immunologisches Gedächtnis». Je nach Impfstoff werden hierfür abgetötete bzw. abgeschwächte Erreger oder auch nur deren Bestandteile verwendet. Beim späteren Kontakt mit dem gleichen Erreger kann dieser vom Immunsystem unschädlich gemacht werden. Impfungen verhindern einerseits beim Einzelnen Infektionskrankheiten und deren Komplikationen. Andererseits schützen sie gleichzeitig die Gesellschaft, da Infektionsketten unterbrochen werden und eine Herdenimmunität entstehen kann. Sogar die Ausrottung einer Infektionskrankheit kann gelingen, wie bei den Pocken mit einem weltweiten Impfprogramm. Sich selbst und andere durch Impfungen zu schützen, bleibt ein aktuelles Thema.

Schweizer Impfempfehlungen

Zu einer Impfempfehlung kommt es, wenn die Vorteile die Risiken und Nebenwirkungen klar überwiegen. Die gültigen Empfehlungen werden regelmässig überprüft und dem neuesten Wissensstand angepasst. Schwere Impfkomplikationen sind äusserst selten. Vorsicht geboten ist bei allergischen Reaktionen auf frühere Impfungen. Insgesamt bestehen aber nur wenige Kontraindikationen, und auch die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen nach dem Impfen ist wissenschaftlich nicht belegt. Die Liste der Krankheiten, gegen welche in der Schweiz mit Impfungen ein wirksamer Schutz zur Verfügung steht, ist lang. Hierzu gehören bakterielle Infektionskrankheiten wie Diphtherie, Pneumokokken-Infekte, Pertussis (Keuchhusten), Hirnhautentzündung durch Meningokokken (Meningitis) und Tetanus (Starrkrampf). Impfungen gegen Viren umfassen beispielsweise Polio, Hepatitis A/B, HPV (Gebärmutterhalskrebs), Varizellen (Windpocken) sowie Masern/Mumps/ Röteln wie auch die FSME (Zeckenenzephalitis). Dazu kommt die Impfung gegen die saisonale Grippe.

Wer soll geimpft werden?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) unterscheidet bei seinen Impfempfehlungen drei Kategorien: 1 Basisimpfungen: Empfohlen für alle Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz, als Schutz für die Gesundheit des Einzelnen wie auch der gesamten Bevölkerung (zum Beispiel Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Polio, Masern/ Mumps/Röteln, Hepatitis B, Haemophilus influenzae). 2 Ergänzende Impfungen: Individuelle Empfehlung für Personen, um vor klar definierten Risiken zu schützen (wie etwa Meningokokken bei Kindern, HPV bei Jugendlichen und Herpes zoster/Gürtelrose bei Seniorinnen und Senioren). 3 Impfungen bei Risikogruppen: Schutz der Personen mit erhöhtem Risiko.

Impfungen bei Risikogruppen

Zur Risikogruppe gehören einerseits Menschen, bei welchen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf mit Komplikationen besteht, andererseits auch Menschen, bei welchen eine Krankheitsübertragung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung häufiger auftritt. In den BAG-Empfehlungen wird der Diabetes mellitus als Risikoerkrankung eingestuft, falls er sich insbesondere auf die Funktion von Herz, Lunge oder Nieren auswirkt. Hierbei handelt es sich nicht um eine klare Definition. Somit wird deutlich, dass eine individuelle Einschätzung der Gesundheit der Diabetesbetroffenen durch deren betreuende Fachperson stattfinden muss. Ausserdem gehören schwangere Frauen oder auch Patientinnen und Patienten nach Organtransplantationen zu einer Risikogruppe, für die entsprechende Empfehlungen gelten.

Impfungen bei Diabetes mellitus

Alle Basisimpfungen und ergänzenden Impfungen sind auch bei Diabetes mellitus empfohlen, wobei zahlreiche Basisimpfungen bereits in der Kindheit vorgenommen werden. Nicht vergessen gehen dürfen im Erwachsenenalter notwendige Auffrischimpfungen, wie zum Beispiel gegen Tetanus (Starrkrampf). Es ist bekannt, dass durch Grippeviren oder Pneumokokken-Bakterien verursachte Infektionen bei Diabetesbetroffenen schwerer verlaufen können. Die Grippeimpfung führt nicht zur Vermehrung von Grippeviren bei der geimpften Person, da der Impfstoff nur inaktive Virusbestandteile enthält. Diese Impfung ist jährlich im Herbst zu wiederholen, weil sich Grippeviren verändern und der Impfstoff von Jahr zu Jahr angepasst werden muss. Allen Personen ab 65 Jahren wird in der Schweiz die Grippeimpfung empfohlen, dies gilt selbstverständlich ebenso für Diabetesbetroffene. Die Grippeimpfung sollte aber auch bei Jüngeren durchgeführt werden, falls Diabeteskomplikationen oder andere relevante Erkrankungen wie beispielsweise Herz-/Lungenleiden bestehen. Am nationalen Grippeimpftag vom 6. November 2020 bietet sich die Gelegenheit, sich spontan bei den teilnehmenden Fachstellen gegen die Grippe impfen zu lassen. Eine vorhergehende Beratung ist empfehlenswert. Eine Impfung gegen Pneumokokken wird in der Schweiz für Diabetesbetroffene bei relevanten zusätzlichen Grunderkrankungen oder Spätkomplikationen befürwortet, und zwar ohne Altersempfehlung, insbesondere auch bei unzureichender Blutzuckereinstellung. Da die Pneumokokken- Bakterien schwere Lungenentzündungen, Blutvergiftungen oder Hirnhautentzündungen verursachen können, ist seit 2008 die Pneumokokken-Impfung auch als Basisimpfung für Säuglinge im Impfplan aufgenommen. Die Schweizer Impfempfehlungen bei Diabetes mellitus decken sich übrigens mit jenen unserer Nachbarländer, wie Deutschland, aber auch in Grossbritannien wird Diabetesbetroffenen zu einer jährlichen Grippe- wie auch einer Pneumokokken- Impfung geraten.

 

Fazit

  •  Impfungen schützen den Einzelnen wie auch die Gesellschaft vor Infektionskrankheiten und deren Komplikationen.
  • Als Richtlinie gilt der Schweizer Impfplan (www.bag.admin.ch), mit Empfehlungen gemäss den drei Kategorien.
  • Ein nachgeführtes Impfbüchlein oder der elektronische Impfausweis (www.meineimpfungen.ch) gibt Auskunft über erfolgte, aber auch fehlende Impfungen und ist eine wichtige Informationsquelle zum Impfstatus.

AutorIn: Dr. med. Lea Slahor