Vier Frauen Rückenansicht

Die vier Frauen wollten sich wieder einmal treffen. Sie hatten schon lange vor, auf den Wiler Turm zu steigen. Bis jetzt hatten sie es noch nie gemeinsam geschafft. Im letzten Sommer bei Regenwetter, und leider nur zu dritt machten sie sich auf den Weg auf den Turm oder, sagen wir, eben nur zum Fuss des Turms. Es hat so geschüttet, dass sie die 189 Stufen auf das Plateau nicht mehr in Angriff nahmen. Der Weg ins trockene Restaurant lockte mehr!
Nun trafen sich die vier Frauen an einem wunderschönen Nachmittag wieder und machten sich mit einem kleineren oder grösserem Rucksack auf den Weg. Wer reduziert das Basisinsulin, wer muss noch den Blutzucker von einem falsch berechneten Mittagessen auf ein normales Niveau bringen? Jede hat für sich eine eigene Lösung gefunden. Durch die bewundernswerten Häuserreihen führt sie das Strässchen auch über offenes Gelände mit herrlicher Aussicht über Wil wieder in den Wald dem Turm entgegen. An seinem Fusse entschieden sie sich für den direkten Aufstieg, der sie schon ein wenig aus der Puste brachte. Oben wurden sie mit einem herrlichen Rundblick auf Berge und Nachbargemeinden belohnt. Den direkten Blick nach unten haben nicht alle so genossen. Er macht ein wenig schwindlig. Der Wind bläst ihnen so hoch oben um die Ohren. Wackelt der Turm etwa?
So steigen sie wieder ab. Auf einem sonnigen, windstillen Bänkli mit herrlicher Aussicht packt F ihren Rucksack aus!
Ah, was kommt denn da ans Tageslicht? Längliche Gläser aus Plastik und eine passende Flasche dazu! Lachend packt E ihren Rucksack aus. Kleine Plas­tikgläser und eine rundliche Flasche mit selbst hergestelltem Eierlikör! Ja, was haben sie denn zu feiern? Eigentlich nichts und doch sehr viel! Sie haben es toll miteinander, unterstützen und motivieren sich, feiern zusammen, lachen zusammen, hören die Sorgen der anderen an und versuchen, einander mit Tipps und Tricks beizustehen. Wie heisst es doch so schön: Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilte Freude ist doppelte Freude!
Und jetzt stossen sie an und beachten die skeptischen Blicke der Vorbeiwanderer nicht. Sie geniessen die feinen Getränke, die interessanten Gespräche, das Gelächter, die herrliche Aussicht!
Den Blutzucker weisen sie erst später wieder in seine Schranken.

AutorIn: Margrit Niedermann-Zeller