Rund um Weihnachten verbringen wir alle gerne mehr Zeit zu Hause. Viele werden auch etwas nachdenklicher und melancholischer.

Der sogenannte Winterblues ist in unseren Breitengraden eine normale menschliche Reaktion. Die Winterdepression hingegen bewirkt anhaltende und ausgeprägte Stimmungstiefs in der Herbst- und Winterzeit. Diese «saisonal abhängige Depression» beginnt oft bereits im Frühherbst mit den kürzer werdenden Tagen. Besonders Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko dafür, da sie aufgrund ihrer chronischen Erkrankung ohnehin höheren Belastungen im Alltag ausgesetzt sind. Und sie leiden doppelt, denn eine Depression kann die Stoffwechseleinstellung gehörig durcheinanderwirbeln. Deshalb ist es wichtig, Diabetes und Depressionen gut im Blick zu haben.

“Heisshunger und Müdigkeit können Symptome einer Winterdepression sein.”

Auslöser und Symptome der Winterdepression 

Hauptursache ist zu wenig Tageslicht. Das Gehirn bildet dann vermehrt das müde und schlapp machende Schlafhormon Melatonin. Dadurch können Antrieb und Unternehmungslust verloren gehen. Das führt zu weniger Aktivitäten, wodurch auch angenehme Erlebnisse ausbleiben, was noch lustloser und niedergeschlagener macht. Doch auch andere Symptome einer «klassischen» Depression können auftreten, zum Beispiel Interesselosigkeit, Konzentrationsprobleme oder Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit. Oft können Betroffene diese Beschwerden nicht einordnen.

Besonderheiten der Winterdepression
Heisshunger auf Kohlenhydrate, was bei Diabetes ungünstig ist.
Vermehrter Schlaf und Tagesmüdigkeit. Auch zu viel Schlaf kann die Stimmung verschlechtern und noch mehr Müdigkeit auslösen.
Abklingen der Symptome in den Frühlingsmonaten, wenn es wieder heller wird. Im Sommer sind die Betroffenen symptomfrei.
Wiederholt sich zur selben Jahreszeit.

Wann sich Hilfe holen?

Wenn sich die Beschwerden über einen längeren Zeitraum nicht bessern und Lebensqualität sowie Wohlbefinden merklich eingeschränkt sind, lohnt es sich zu handeln. Erster Ansprechpartner ist in der Regel Ihr Diabetesteam, die Hausärztin oder der Hausarzt.

Welche Behandlungen gibt es?

Gute Nachricht: Die Winterdepression ist in der Regel gut und schnell behandelbar. Als erfolgreich erwiesen hat sich die Lichttherapie, denn Licht hellt das Gemüt auf. Betroffene setzen sich dabei regelmässig vor eine spezielle Tageslichtlampe mit hoher Lichtintensität (mindestens 10 000 Lux). Noch effektiver wird die Behandlung durch begleitende psychotherapeutische Gespräche bei einer Psychologin oder einem Psychologen, die/der auch mit der Erkrankung Diabetes vertraut ist. In Einzelfällen können auch Medikamente unterstützend wirken.

Selbsthilfe-Tipps für Betroffene

In meiner Online-Praxis empfehle ich Diabetikerinnen und Diabetikern mit Stimmungstief die Kombination von möglichst viel Tageslicht und Bewegung. Sich täglich eine Stunde draussen aufzuhalten – zum Beispiel in der Mittagspause bei einem Spaziergang – kann sich bereits nach kurzer Zeit als Wundermittel entpuppen. Selbst an einem wolkenverhangenen Tag bekommen Sie mehr Licht ab als in einem gut erleuchteten Innenraum. Und da Bewegung ohnehin ein Stimmungsaufheller ist und zudem die Blutzuckerwerte verbessert, profitiert das Wohlbefinden Schritt für Schritt. Werden Sie aktiv!

Gehen Sie auch an trüben Tagen an die frische Luft.

ÜBER EVA GERHARTSREITER
Die langjährige Fachpsychologin Diabetes
(Deutsche Diabetes Gesellschaft DDG) begleitet in
ihrer Online-Praxis (www.diabetes-psychologin.de)
Menschen mit Diabetes zu allen psychologischen
Anliegen rund um die Erkrankung. Seit über zehn
Jahren bildet Eva Gerhartsreiter zudem angehende
Diabetesberaterinnen und -berater in
der Diabetesakademie Traunstein in Oberbayern
(www.diabetes-akademie.net) aus und vermittelt
den Teilnehmenden, welchen grossen Einfluss
die Seele auf die chronische Erkrankung Diabetes
hat und wie sie Menschen mit Diabetes bestmöglich
in ihrem Alltag unterstützen können.

AutorIn: Eva Gerhartsreiter