In der Schweiz geben wir pro Jahr gegen fünf Milliarden Franken für Medikamente aus. Dies ist eine stolze Summe. Viele dieser Medikamente werden jedoch nicht eingenommen, sondern landen im Abfall, in der WC-Schüssel oder wieder beim Apotheker. Sie werden als Sondermüll behandelt. Als Patient/-in können Sie diese Verschwendung verhindern.
Frau L. G. ist eine langjährige Kundin unserer Apotheke. Letzthin hat sie uns eine Tragtasche überreicht: «Ich habe meine Hausapotheke entrümpelt. Darf ich Ihnen die alten Arzneimittel zum Entsorgen geben?»
Gemeinsam schauen wir die Produkte an, und Frau L. G. ersetzt das, was sie für den Alltag und für Notfälle braucht. Einige Produkte bezahlt sie aus der eigenen Tasche, andere übernimmt via Rezept die Krankenkasse.
Wir geben 500 Millionen Franken unnötig aus
Leider handeln nicht alle Verbraucher so verantwortungsbewusst. Immer wieder landen Medikamente im Abfall oder via Toilette im Abwasser. Verlässliche Zahlen gibt es nicht. PharmaSuisse, der Dachverband der Schweizer Apotheker, spricht von Medikamenten im Wert von rund 500 Millionen Franken, die in der Schweiz ungebraucht weggeworfen werden. Also rund 10 % der verkauften Medikamente!
Missverständnisse und Unklarheiten
Es gibt mehrere Gründe, warum Medikamente im Abfall landen: Der Patient verträgt die Medikamente nicht, die Packung ist zu gross, die Patientin will das Medikament nicht nehmen oder hat keine Beschwerden mehr. Meistens liegen Missverständnisse vor, die es zu klären gilt.
Viele Patienten zweifeln, ob sie ein verschriebenes Medikament einnehmen sollen. Sie sind verunsichert, nachdem sie die Packungsbeilage gelesen haben. Vielleicht haben sie auch schlechte Erfahrungen gemacht, oder ein Bekannter hat Ungutes berichtet.
Medikamente sind meist starke und hochwirksame Produkte. Eine Fachperson kann und soll hier die Patienten begleiten und bei Unsicherheiten Auskunft geben. Dies vermeidet Missverständnisse.
Entsorgte Medikamente kosten doppelt
Manche Patienten verheimlichen ihrem Arzt oder Apotheker, dass sie die verschriebenen und bezogenen Medikamente nicht einnehmen. Das bemerken wir leider immer wieder. Diese Medikamente landen schliesslich im Abfall und verursachen doppelte Kosten: Einerseits werden die Medikamente von der Allgemeinheit bezahlt; andererseits verursachen unbehandelte Krankheiten Folgekosten für weitere Konsultationen, andere Medikamente oder Eingriffe infolge Komplikationen.
Arzt und Apotheker sind gefordert …
Arzt, Apotheker und die Patienten tragen Verantwortung, damit Medikamente im Patienten und nicht im Abfall landen.
Ein Arzt verschreibt die richtigen und passenden Mittel. Der Apotheker führt ein Patientendossier und kontrolliert, ob der Patient noch andere Medikamente einnimmt. Dies vermeidet Unverträglichkeiten und unerwünschte Interaktionen zwischen den Medikamenten.
Arzt und Apotheker erklären dem Patienten die Medikamente. Je mehr ein Patient über sie weiss, desto besser wendet er sie an.
… aber auch die Patienten!
Der Patient trägt ebenfalls eine sehr grosse Verantwortung. Er steuert über seinen Vorrat und seinen Umgang mit den Arzneimitteln seinen Verbrauch. Was nützt es, wenn Herr F. Medikamente für 12 Monate zu Hause hat? Wir haben in der Schweiz immer und überall guten Zugang zu Arzneimitteln. Ein Vorrat für mehr als drei Monaten ist unnötig. Medikamente dürfen leider nicht zurückgenommen werden, selbst wenn die Therapie ändert. Die Vorschriften der Heilmittelkontrolle sind hier sehr streng. Der Apotheker und selbstdispensierende Arzt garantieren, dass die Medikamente in Ordnung sind, wenn sie über den Ladentisch gehen. Was anschliessend mit ihnen geschieht, ist nicht mehr unter der Kontrolle der Fachpersonen – sie können leider keine Garantie und Verantwortung mehr übernehmen.
Medikamente gezielt einkaufen – und korrekt entsorgen
Es ist unsinnig, Medikamente über den Hauskehricht aus dem Weg zu räumen. Abfallfachleute empfehlen die Entsorgung durch Apotheke, Drogerie, den selbstdispensierenden Arzt oder die Sammelstelle der Gemeinde. Der Apotheker sortiert die Abfälle in drei Gruppen:
Schwermetallhaltige Abfälle, Krebsmedikamente und den Rest. Die ersten beiden Gruppen werden in Spezialöfen verbrannt, der Rest landet im normalen Kehrichtverbrennungsofen.
Nicht mehr gebrauchte Blutzucker-Testgeräte gehören dorthin zurück, wo sie herkommen – und nicht in den Abfall. Sie enthalten Batterien und elektronische Teile, die als Sonderabfall gelten.
Früher wurden nicht abgelaufene Medikamente an Drittweltländer gegeben. Dies ist heute nicht mehr der Fall. Was soll Indien mit einer 3-Monats-Packung Medikamente gegen hohen Blutdruck
machen? Oder Afrika mit einem Mittel gegen Prostatakrebs? Drittweltländer können nichts anfangen mit unseren hochentwickelten Produkten, die auf Deutsch, Französisch und Italienisch angeschrieben sind. Sie brauchen Unterstützung, um im eigenen Land für lokale Bedürfnisse zugeschnittene Medikamente herzustellen.
Viele Patienten in der Schweiz, die ein nicht gebrauchtes Medikament zurückgeben, plagt ein schlechtes Gewissen. Sie sähen es gerne, wenn das Mittel seinen Nutzen noch bringen könnte. Da hilft nur: Kein Lager anlegen, sondern nur so viel zu Hause haben, wie in den nächsten drei Monaten gebraucht wird! So gibt es weniger Medikamente für den Abfall.
Unsere Kundin, Frau L. G., nimmt je eine Grosspackung ihrer verschriebenen Medikamente mit. Sie reicht für die nächsten drei Monate. Dies ist ihr Teil der Verantwortung, um den Medikamenten-Abfallberg zu verkleinern.