Apps und Geräte wie Fitness-, Ernährungs- und Schlaftracker werden immer beliebter. Die Integration dieser Technologien in bestehende Angebote für Diabetes könnte die Behandlung der Krankheit verbessern und Menschen mit Diabetes zu mehr Bewegung motivieren.
Ein wirkungsvolles Diabetesmanagement ist entscheidend, um Komplikationen vorzubeugen und die Lebensqualität zu steigern. Die regelmässige Bewegung spielt dabei eine ganz wichtige Rolle, weil sie das Gewicht, den Blutzuckerspiegel und die Insulinsensitivität beeinflusst und das Risiko für diabetesbedingte Herz-Kreislauf-Ereignisse senken kann. Und wenn Bewegung in der Prävention eingesetzt wird, kann dies bei Risikopersonen die Entwicklung von Diabetes reduzieren sowie langfristig zur Senkung von Therapiekosten und Begleiterkrankungen beitragen.
Diabetes und Bewegung: Herausforderungen und Chancen
Die Bewegungsempfehlungen der WHO sind bekannt und trotzdem haben leider viele Menschen mit Diabetes Mühe, sie zu befolgen. Neben oftmals fehlender Motivation fallen auch organisatorische Schwierigkeiten und wenig Unterstützung zwischen zwei Sportterminen ins Gewicht. Personen, die Insulin benötigen, befürchten eine Hypoglykämie, zudem stellt das anspruchsvolle Glukosemanagement vor, während und nach der Aktivität ein Hindernis dar. Weil die Empfehlungen der WHO eher zögerlich umgesetzt werden, sind gezielte Schritte gefragt. In der Schweiz sind einige Programme so angelegt, dass sie parallel zum Diabetesmanagement auch die physische Aktivität positiv verändern. Ein gutes Beispiel dafür ist DIAfit: Dieses Rehabilitationsprogramm für Personen mit Typ-2-Diabetes wurde 2011 ins Leben gerufen. Der Schwerpunkt liegt auf der Bewegung als Schlüsselkomponente für den Umgang mit der Krankheit. Die Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED) unterstützt diese im schweizerischen Gesundheitssystem integrierte Initiative, und die Kosten werden von der Grundversicherung übernommen. Anhand eines Trainings in der Gruppe, das von Fachpersonen überwacht wird, ermöglicht das Programm den Patient:innen, ihr Diabetesmanagement aktiv anzugehen. Die Übungssequenzen werden den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten angepasst, das gemeinsame Trainieren unterstützt die Motivation der Teilnehmenden. Das Programm enthält überdies Workshops zu den Themen Bewegung, Ernährung, Lebensweise und bietet eine regelmässige Begleitung und Unterstützung durch Gesundheitsfachpersonen an (www.diafit.ch).
Obwohl DIAfit deutliche Verbesserungen für die Patient:innen bringt, sind damit auch Herausforderungen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Gerätedaten und der Notwendigkeit regelmässiger Präsenztermine verbunden. Die Patient:innen müssen drei Monate lang dreimal pro Woche am Programm teilnehmen, was zeitliche Engpässe, Transportprobleme und Kosten verursachen kann.
Technologien und Diabetes: künftig digitaler und personalisierter
Die im Handel verfügbaren Produkte wie Herzfrequenzmessgeräte, Schlaf- und Bewegungstracker werden immer beliebter; sie sind genau, einfach zu bedienen und können zu körperlicher Aktivität motivieren. Gleichzeitig verändert die technologische Weiterentwicklung – Sensoren für die kontinuierliche Glukosemessung (CGM), Insulinpumpen usw. – das Diabetesmanagement, indem Daten in Echtzeit verfügbar sind und die Behandlung einfacher und exakter angepasst werden kann.
Für die Nutzer:innen ist es aber oft schwierig, die Daten der CGM in Verbindung mit ihrem Training zu interpretieren, und die medizinischen Fachpersonen verfügen nur über begrenzte Ressourcen, um die Patient:innen bei sportlichen Aktivitäten zu begleiten. Vor diesem Hintergrund könnte die Integration von allgemeinen und diabetesspezifischen digitalen Geräten eine Lösung bieten und die ganzheitliche Betreuung des Diabetes verbessern, insbesondere in Kombination mit bestehenden Pflegemassnahmen.
Aus der Integration technischer Tools in die Diabetesbehandlung und die Programme für eine gesunde Lebensweise ergeben sich weitere Pluspunkte:
• Fernbehandlung und -begleitung: Wenn Daten in Echtzeit mit den Gesundheitsdienstleister:innen geteilt werden können, erleichtert dies die Fernbegleitung und -beratung, und es sind weniger Termine vor Ort notwendig.
• Engagement und Motivation der Patient:innen: Eine unterstützende Begleitung der Aktivität in Echtzeit und durch Feedbacks könnte die Nutzer:innen motivieren, auf ihre Ziele hinzuarbeiten (betreffend Blutzuckerwerte und/oder Bewegung).
• Integriertes Diabetesmanagement: Die Integration von Sporttrackern in die CGM könnte dazu beitragen, dass die Nutzer:innen die Auswirkung der physischen Aktivität auf ihren Blutzuckerspiegel besser verstehen und sie Zeitpunkt, Intensität und Dauer ihres Trainings einfacher anpassen können. Zudem erhielten die medizinischen Fachpersonen dadurch genaue Informationen zu den Bewegungsgewohnheiten, den Tendenzen der Glukosewerte und zur allgemeinen Gesundheit der Patient:innen, was wiederum ermöglichen würde, die Behandlungspläne zu individualisieren und die Ergebnisse zu verbessern.
• Unterstützung für Verhaltensänderung: Mit personalisierten Zielen, Remindern und unterstützenden Anleitungen können die Nutzer:innen motiviert werden, sich der Gesundheit zuträgliche Gewohnheiten zu eigen zu machen und die erreichten Veränderungen der Lebensweise auch zu behalten.
Weiterentwicklung und Herausforderungen
Um das Potenzial von digitalen Geräten und diabetesspezifischen Technologien voll auszuschöpfen, sind noch mehrere Hürden zu bewältigen:
• Datenqualität: Gewährleistung von Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der Daten für verschiedene Nutzergruppen.
• Interoperabilität: Verbesserung der Datenintegration und -standardisierung zwischen Geräten und Plattformen.
• Klinische Leitlinien: Entwicklung von evidenzbasierten Leitlinien für die Nutzung dieser Technologien in der medizinischen Behandlung.
• Gesundheitliche Chancengleichheit: Beseitigung von Ungleichheiten im Gesundheitsbereich und Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zu diesen Technologien.
• Datensicherheit: Aufrechterhaltung eines umfassenden Datenschutzes.
Zukünftige Forschungsarbeiten sollten auswerten, wie sich die Nutzung von digitalen mobilen Geräten und Diabetestechnologien langfristig auf die Steigerung der regelmässigen Bewegung, die Blutzuckereinstellung und weitere Gesundheitsdaten auswirkt. Darüber hinaus sollte mittels Studien nach den optimalen Strategien zur Integration dieser Technologien in die Behandlung sowie in Schulungsprogramme zum Selbstmanagement von Diabetes geforscht werden.
Schlussfolgerungen
Die heutigen digitalen Hilfsmittel bieten ein erhebliches Potenzial, um die Bewegung zu fördern und das Diabetesmanagement zu verbessern. Weil sie Aktivitätsdaten in Echtzeit liefern, motivierend wirken und den Patient:innen helfen, Entscheide bezüglich Bewegung und Glukosespiegel einfacher zu treffen, ermutigen diese Tools zu mehr Bewegung. Da sich das Fachgebiet laufend weiterentwickelt, muss man jetzt die aktuellen Herausforderungen anpacken; denn um den Nutzen dieser innovativen Technologien zu maximieren, braucht es eine solide Evidenzbasis.