Mit einer möglichst flachen Blutzuckerkurve durch die Nacht

 

Rund einen Drittel des Lebens verbringen wir im Schlaf. Das ist einer der Gründe, weshalb ein gestörter Schlaf für unser Wohlbefinden am Tag von grosser Relevanz ist. Unsere Leistungsfähigkeit, aber auch die körperliche und psychische Verfassung, hängen stark von einem gesunden Schlaf ab.

Dr. med. Urs Bürgi und Prof. Dr. med. Christoph Henzen

 

Der individuelle Schlafbedarf ist sehr unterschiedlich: bei Erwachsenen 4 bis 10 Stunden, im Durchschnitt 6.5 bis 8.5 Stunden. Wenn der Schlaf erholsam ist und am Tag keine Schläfrigkeit auftritt, besteht bei eher kurzer Schlafdauer kein Anlass zur Sorge. Es ist allerdings nicht möglich, sich zu einem «Kurzschläfer» zu trainieren. Erst im Alter nimmt der Schlafbedarf ab.

Symptome von nicht erholsamem oder zu kurzem Schlaf können sein:

• Einschlafneigung am Tag

• (Morgendliche) Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen

• Allgemeines Unwohlsein, erhöhte Schmerzempfindung

• Reduzierte soziale und berufliche Funktionsfähigkeit

• Erhöhtes Unfallrisiko, Sekundenschlaf am Steuer (mit oft schwerer Unfallfolge)

Für einen gesunden Schlaf sollten in Anlehnung an die Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Schlafforschung folgende Punkte beachtet werden.

Regelmässige Bettzeiten

Der biologische Rhythmus des Schlafes wird durch häufiges Verschieben der Schlafzeit gestört. Dies betrifft sowohl die Zubettgehzeit als auch das Aufstehen. Extrembeispiele sind Menschen mit Schichtarbeit oder häufigem Wechsel von Zeitzonen.

Schlafdauer

Die meisten Menschen wissen aus Erfahrung, wie viel Schlaf sie eigentlich brauchen. Nach der idealen Länge an Schlaf fühlt man sich erholt und leistungsfähig. Ein Schlafdefizit kann bis zu einem gewissen Grad nachgeholt werden.

Mittagsschlaf

Ein Mittagsschlaf ist durchaus angenehm, kann aber längerfristig zum Problem werden. Der Schlafdruck, also die Schlafbereitschaft, wird beim Mittagsschlaf abgebaut, sodass am Abend das Einschlafen erschwert werden kann. Menschen mit Ein- oder Durchschlafproblemen sollten auf einen Mittagsschlaf verzichten. Bei «guten Schläfern» kann ein kurzer Mittagsschlaf aber das Befinden am Nachmittag verbessern.

Schlafritual

Das persönliche Schlafritual kann aus Musikhören, Lesen, imaginären, positiv assoziierten Bildern, gemütlichen Spaziergängen oder einem Schlaftee bestehen. Bei identischem Ritual ist der Effekt am stärksten. Der Einfluss des Fernsehens im Bett dürfte stark vom Inhalt der Sendung abhängen, ist in der Regel aber nicht ideal.

Schlafumgebung

Ideal ist ein dunkles, gut gelüftetes, ruhiges und eher kühles Schlafzimmer, ohne Blick vom Bett auf eine Uhr oder den Wecker.

Nächtliche Wachzeiten

Kann man nachts einmal nicht schlafen, sollte man nicht wach im Dunkeln liegen bleiben, sondern lesen oder aufstehen und sich mit einer nicht anstrengenden Tätigkeit beschäftigen. Dabei sollen nicht Aufgaben vom Tag, also keine mit Stress oder Stimulation verknüpfte Handlungen, nachgeholt werden.

Abendliches «Herunterfahren»

Am Abend sollte ein übermässiger Genuss von koffeinhaltigen Getränken und Alkohol, späte und schwere Mahlzeiten sowie das Rauchen vermieden werden. Anspruchsvolle körperliche Tätigkeiten sollten abends ebenfalls vermieden werden.

Die allgemeinen Empfehlungen zum gesunden Schlaf, zur sogenannten Schlafhygiene, gelten auch für insulinpflichtige Menschen mit Diabetes mellitus. Es kommen allerdings spezifische Empfehlungen für die Vorbereitungen auf die Nacht hinzu.

Blutzucker und Schlaf beeinflussen sich gegenseitig. Das heisst ein stark schwankender Blutzucker, sei es in Richtung Hypo- oder Hyperglykämie, wirkt sich auf die Schlafqualität negativ aus. Umgekehrt werden Schlafstörungen den Blutzucker ansteigen lassen. Für einen erholsamen Schlaf ist eine möglichst flache Blutzuckerkurve durch die Nacht entscheidend. Dafür sollte auf Folgendes geachtet werden:

1) Spätabendlichen Blutzuckeranstieg (nach eiweissund fettreichem Abendessen) vermeiden bzw. mit verzögertem Bolus abfangen.

2) Möglichst keine hochdosierten Korrekturinsulingaben vor der Bettruhe.

3) Sportliche Aktivität in der zweiten Tageshälfte bei der Dosierung des nächtlich wirkenden Basisinsulins berücksichtigen (zum Beispiel nach 2 Stunden Konditionstraining das Basisinsulin abends oder die nächtliche Basalrate um 10 bis 20 Prozent reduzieren). Erhöhte Blutzuckerwerte nach Sport nicht korrigieren.

4) Alkoholkonsum am Abend (vor allem Wein und Spirituosen) senkt den Blutzucker in der zweiten Nachthälfte, deshalb Reduktion des Basisinsulins bzw. der nächtlichen Basalrate zur Vermeidung nächtlicher Hypoglykämien.

5) Welches der ideale Blutzuckerwert vor dem Schlafengehen ist, lässt sich nicht allgemeingültig sagen. Am besten ist es, sich persönlich von der Ärztin oder dem Arzt beraten zu lassen.

Der Schlaf ist sehr individuell. Die allgemeinen Empfehlungen sind nicht für alle von Relevanz. Es gilt der Grundsatz: Was hilft und entspannt, das macht Sinn.