Die Insel Rodrigues

Das Schweizer Diabetes-Hilfswerk für die Insel Rodrigues

Lukas Villiger mit zwei Mitarbeitern des Hilfswerks
Noëlaineza Augustin-Bearda (wohnt in der Schweiz, ist Projektmanagerin und Vizepräsidentin des Hilfswerks), Lukas Villiger (Facharzt FMH Endokrinologie/Diabetologie Schweiz und Präsident des Hilfswerks) und Eddy André (in Rodrigues lebend, ist leitender Pfleger Queen Elisabeth Hospital Rodrigues und Präsident «Diabetic Pro’s» in Rodrigues).

Rodrigues ist eine 10 × 20 km grosse Insel im Indischen Ozean. Sie ist autonom, gehört aber zur Republik Mauritius. Vor etlichen hundert Jahren wurde sie von Franzosen und Engländern aus Madagaskar besiedelt. Heute zählt sie rund 40 000 Einwohner afrikanischen und europäischen Ursprungs. Die Amtssprache ist Englisch, die Umgangssprache ein am Französischen angelehntes Kreolisch. Die Menschen sind vorwiegend Bauern und Fischer und leben vor allem von Maniok, Gemüse, Süsskartoffeln und Fisch; sie sind meist zu Fuss oder mit Bus unterwegs. Allerdings nimmt der westliche Lebensstil auch auf Rodrigues zu; Fernseher, Autos, Süssgetränke halten Einzug.
Die medizinische Versorgung der Inselbewohner ist kostenlos. Doch gibt es nur ein Spital sowie einige auf der Insel verstreute, von lokalen Krankenschwestern betreute Gesundheitszentren. Indische Ärzte von der Hauptinsel sind jeweils nur für kurze Zeit auf Rodrigues. Niedergelassene Ärzte gab es 2014 noch keine. Aber: Von den 40 000 Einwohnern über 20 Jahre sind rund 15 Prozent Diabetiker (mehr als doppelt so viele wie in der Schweiz).
Die auf Rodrigues geborene Marie Noëlaineza ­Augustin-Bearda lebt seit 15 Jahren in der Schweiz. Auch sie ist Diabetikerin; sie kam als Patientin zu Dr. med. Lukas Villiger, Baden, und sie berichtete ihm von der Häufigkeit und den schlimmen Folgen des Diabetes in ihrer Heimat. Hierauf beschloss Dr. ­Villiger, selber auf die Insel zu reisen, und erlebte dort die von Frau Augustin geschilderten Probleme. Er erfuhr zudem, dass die Diabeteshäufigkeit sich in den letzten Jahren noch verdoppelt habe. Die Ursache dafür vermutet er zu einem grossen Teil in den Genen und dem zunehmend wie bei uns ungesunden Lebensstil der Bewohner.
Gegen die Gene vorbeugen kann man nicht. Dr. Villiger legt deshalb den Schwerpunkt seiner Anstrengungen auf Aufklärung und Schulung der Bevölkerung. Die Menschen müssen den Zusammenhang von Ernährung und Bewegung kennen. Im Oktober 2012 entstand auf Rodrigues – auf Dr. Villigers Anregung – zum ersten Mal ein Dia­betes-Team mit dem Namen «Dia­betic Pro’s» mit lokalen Pflegefachpersonen, Ernährungsberatern und Ärzten. Im Mai 2013 und 2014 wurden Schulungen – während 14 Tagen – in Rodrigues durch das Swiss Diabetic Pro-Team durchgeführt. In diesem Team sind neben Dr. Villiger noch weitere Ärzte sowie Ernährungs- und Diabetesfachberaterinnen, medizinische Praxisassistentinnen und ein ortopädischer Schuhtechniker/Podologe dabei. Dem Hilfswerk angeschlossen hat sich ein weiterer Endokrinologe, Dr. med. Daniel Zimmermann aus Affolten am Albis. Alle Mitglieder des Hilfswerks arbeiteten in dieser Zeit vor Ort unentgeltlich, zusammen mit der Diabetic Pro Gruppe in Rodrigues. Seither finden Schulungen auch per Skype statt, und einige Mitglieder von «Diabetic Pro’s» kamen und werden noch für jeweils einige Wochen zur Schulung in die Schweiz kommen. Pharmafirmen spendeten die dringend benötigten Diabetesmaterialien; Insulin konnte zum Glück in genügender Menge von Mauritius geliefert werden. Geplant sind jährliche Schulungen vor Ort von 10 – 14 Tagen.

Patient mit Diabetes, diabetische Fuss-Krankenschwes­ter (Jennifer Perrine), Arzt in Ausbildung (Hilbert Leveque) und Schuhmacher (Louis Vianney Ravina).

Nachdem er einen längerfristigen Auftrag der lokalen Regierung erhalten hatte, rief Dr. Villiger im ­August 2013 in der Schweiz das Hilfswerk «Stark ­gegen Diabetes» ins Leben.
Frau Augustin stellt den ständigen Kontakt auf der Insel sicher. Einen ersten Erfolg erreichte das Hilfswerk bereits: Es konnte alle diabetischen Kinder und ihre Familienangehörigen schulen, so dass sie eine gute Chance auf ein fast normales Leben haben.
Das Schweizer Hilfswerk auf Rodrigues achtet die einheimischen Kulturen und Traditionen. Es möchte vor allem Komplikationen und Spätfolgen des Diabetes durch Schulung und durch Hilfe zur Selbsthilfe längerfristig reduzieren. Voraussetzungen dazu sind der klare Auftrag der Regierung und die Zusammenarbeit mit den Behörden.
Gegenwärtig sind noch intensivere Schulungen und auch weitere Unterstützung mit Diabetesmaterialien geplant, vor allem Blutzuckermessgeräte und Teststreifen. Damit das Projekt erfolgreich weitergeführt werden kann, ist das Hilfswerk auf weitere Mitglieder und Sponsoren angewiesen.

Kontaktaufnahme: praxissupport.villiger@hin.ch
Tel. 056 222 54 58, Fax 056 222 54 59

AutorIn: Myrtha Frick