Portrait Svenja Rimle

«Oh, du hast Diabetes? Also darfst du keinen Zucker essen, oder?» Dies ist eine häufige Reaktion, wenn ich die Leute über meine Diabetes­erkrankung informiere.
«Doch, ich kann alles essen», lautet meine Antwort jedes Mal. Warum glaubt man, nur weil unsere Krankheit auch «Zuckerkrankheit» genannt wird, dass wir einem lebenslänglichen Zuckerverbot unterliegen? Ganz ehrlich, wer könnte schon für den Rest seines Lebens darauf verzichten?
Also ich bestimmt nicht!
Wir Typ-1-Diabetiker können ja grundsätzlich jedes Nahrungsmittel essen und davon so viel wir wollen, solange wir es mit ausreichend Insulin abdecken. Bloss ist das noch nicht in den Köpfen der Gesellschaft angekommen.
Auch Fragen wie «Hast du Diabetes bekommen, weil du zu viel Zucker gegessen hast?» hört man nicht selten. Nein! Ich bin unschuldig! Es war ganz einfach Pech! Aber woher sollten die Menschen das denn auch so genau wissen? Diesen Aspekt vergesse ich häufig, wenn ich genervt und mit einem sarkastischen Unterton auf diese Fragen antworte.
Diese Menschen haben keine Schulungen im Spital hinter sich, keine Bücher zum Thema gelesen und sind nicht durch ihren Arzt informiert worden. Manchmal amüsiere ich mich aber natürlich auch über das Unwissen und über die absurden Vorstellungen meiner Mitmenschen. Trotzdem ist es lästig, und langsam weiss ich wirklich nicht mehr, wie ich reagieren soll, wenn einer meiner Lehrer mich mal wieder – mit einem tadelnden Seitenblick auf meine Insulinpumpe – darauf aufmerksam macht, dass Mobiltelefone im Unterricht nicht gestattet sind.

AutorIn: Svenja Rimle