Portrait Svenja Rimle

Wie die meisten Studentinnen und Studenten bin auch ich häufig knapp bei Kasse und muss schauen, dass ich irgendwie zu Geld komme. Dafür bieten sich natürlich die dreimonatigen Semesterferien im Sommer ideal an. So kam es, dass ich im Juli über mehrere Wochen in einer Käse-Fabrik am Fliessband stand und die Produkte in Kisten einpackte. Ich informierte nicht jeden der Mitarbeiter über meinen Diabetes. So viel Aufmerksamkeit hat diese Krankheit meiner Meinung nach dann doch nicht verdient. Während der Arbeit herrschte striktes Handy-Verbot. Folglich machte ich vermutlich nicht den besten Eindruck, wenn ich jeweils in einer freien Minute meine Insulinpumpe hervorholte, um einen Blick auf meinen Blutzucker zu werfen. Einige schauten mich mit strengem Blick an, andere wiederum grinsten, als wollten sie mir sagen: «Da traut sich aber jemand was.» Ich klärte das Missverständnis aber nie auf, da ich mittlerweile einfach zu faul dazu geworden bin, jedem zu erklären, dass ich sehr wohl Zucker essen darf, dass man sich mit der Zeit an den Anblick von Spritzen und Blut gewöhnt und dass ich höchstwahrscheinlich nicht dasselbe habe, wie die Grossmutter der anderen Person. Obwohl ich jeden Tag von morgens bis abends stehen musste, blieb mein Blutzucker meistens stabil. Ich glaube, dass ein Tapetenwechsel dem Diabetes manchmal ganz guttut. Neue Umgebung, neue Beschäftigung, neuer Alltag. Die Stahlkappenschuhe haben meinen Füssen jedoch eher geschadet, denn diese waren während der ganzen Zeit mit Blasen, Hornhaut und Druckstellen übersät. Nein danke, mit solchen Problemen möchte ich mich jetzt noch nicht befassen. Die diabetischen Füsse werden dann noch früh genug kommen …

AutorIn: Svenja Rimle