Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn ich eines Morgens aufwachen würde und mein Diabetes geheilt wäre. Ich stehe auf und messe NICHT meinen Blutzucker. Eventuell gehe ich dann, je nach Lust und Laune, ganz spontan und auf nüchternen Magen eine Runde joggen, denn die Gefahr einer Unterzuckerung besteht ja nicht mehr. Am Frühstückstisch nehme ich mir dann das, worauf ich Lust habe. Vollkornbrot oder Gipfeli? Getreideflocken oder Cornflakes? Egal wofür ich mich entscheide, die Waage bleibt unangetas­tet im Küchenschrank verstaut. Bei meiner Arbeit im Spital spielt es keine Rolle mehr, ob viel oder wenig Betrieb auf der Station herrscht. Auch ob ich um 11.30 Uhr oder um 13.30 Uhr mein Mittagessen zu mir nehme, ist mir egal. Und wenn ich in die Ferien fliege, muss ich nicht die Hälfte meines Reisekoffers für Katheter, Notfallspritzen, Insulin, Reservepumpe, Reservemessegerät usw. reservieren und werde bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen auch nicht immer so lange durchsucht, weil ich vergessen habe, meine Insulinpumpe abzulegen. Ich kann an Geburtstagsfeiern ein bisschen über die Stränge schlagen, ohne danach eine Überzuckerung zu haben. Abends gehe ich dann beruhigt schlafen, da ich keine nächtlichen Störungen wegen einer Hypo,- oder Hyperglykämie zu erwarten habe. Natürlich weiss ich, dass diese Probleme Erstweltprobleme sind und ich schätze mich auch sehr glücklich, dass ich momentan «nur» Diabetes und keine schlimmere Erkrankung habe. Jedoch träume ich ab und zu doch ganz gerne von einem Leben ohne die Zuckerkrankheit.

AutorIn: Svenja Rimle