Diabetesforschung soll sich an Patientenbedürfnissen orientieren. Deshalb involviert das Diabetes Center Berne (DCB) möglichst viele Menschen mit Diabetes in seine Aktivitäten und sucht weltweit nach innovativen Projekten und neuen Erkenntnissen, die das Leben mit Diabetes erleichtern.
Autorin: Sunjoy Mathieu

Das futuristisch anmutende Gebäude, in welchem sich das Diabetes Center Berne (DCB) befindet, spricht für dessen zukunftsorientierte Aktivitäten. Hinter langen Glasfassaden führen offene Treppenhäuser zu Räumlichkeiten, in denen sich verschiedene Teams für eine Forschung einsetzen, die für Diabetesbetroffene transparent und zugänglich sein soll. Anders gesagt: Gearbeitet wird nach dem translationalen Forschungsansatz, was bedeutet, dass Forschungsergebnisse und neu entwickelte
Produkte sowie Technologien auf direktem Weg in die (klinische) Anwendung und zu den Diabetesbetroffenen gelangen.
Das DCB ist eine private, unabhängige Schweizer Stiftung, die 2017 mit dem Ziel gegründet wurde, Menschen mit Diabetes das Leben zu erleichtern. Das DCB unterstützt in der Schweiz und weltweit innovative Ideen und Projekte im Bereich der Diabetestechnologie, indem es das bestehende Fachwissen, den Zugang zu klinischen Forschungseinrichtungen und eigenen Labors sowie finanzielle Mittel bereitstellt. Die Projekte sollen in partnerschaftlicher Zusammenarbeit auf dem Weg zum Markteintritt unterstützt werden.
Eine enge wissenschaftliche Partnerschaft besteht zwischen dem DCB und der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus (UDEM) des Inselspitals Bern sowie mit dem Institut für Diabetes- Technologie (IfDT) in Ulm. Zudem sind mit der Universität Bern drei neue Professuren im Bereich Diabetestechnologie geplant. Eine erste Professur konnte mit Prof. Dr. phil. Lilian Witthauer (Schwerpunkt Sensortechnologie) bereits erfolgreich besetzt werden.
Die Arbeit des DCB ist nicht gewinnorientiert. Das ist wichtig für die unabhängigen Aktivitäten zur Entwicklung neuer Erkenntnisse und Produkte rund um das Diabetesmanagement. Dazu gehört die Förderung einer lebendigen Community (Gemeinschaft) zum Thema Diabetes und Technologie: Das DCB gründete ein eigenes «Patient Leader»-Programm (patientenorientiertes Programm) zur direkten Einbindung, Unterstützung und Vernetzung von Menschen mit Diabetes. Somit stellt das DCB sicher, dass die umgesetzten Ideen den Patientenbedürfnissen entsprechen. Zusätzlich erhalten die «Patient Leaders» die Möglichkeit, neue Technologien in einer frühen Entwicklungsphase zu testen und Feedback zu geben. Sie sind auf den Kommunikationskanälen des DCB präsent, werden in ihren eigenen Aktivitäten unterstützt und mit einem interdisziplinären Netzwerk in Kontakt gebracht.

Durch das DCB unterstützte Projekte
Neue Erkenntnisse, die das Leben von Menschen mit Diabetes erleichtern, stehen auch im Zentrum der vom DCB aktuell unterstützten Projekte, wie die folgenden Beispiele zeigen.

SmartStart Health: Patientenaufklärung zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM)
Mit der kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) entfällt zwar das häufige kapilläre Messen des Blutzuckerspiegels, aber die CGM kann zu einer Überforderung führen. Plötzlich ist man täglich konfrontiert mit unzähligen Daten, Trendpfeilen und Alarmeinstellungen, die nicht immer intuitiv verständlich sind. Die Betroffenen sind sich bewusst, dass ihnen die CGM hilft, zu hohe und zu niedrige Blutzuckerwerte zu vermeiden. Es herrscht aber eine grosse Verunsicherung darüber, wie man die guten Ergebnisse erreichen kann. Dank Schulungen können Menschen mit Diabetes die Daten der CGM-Systeme gut verstehen und nutzen. Somit können sie in Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt die richtigen Behandlungsentscheidungen treffen.

Die CGM-App von SmartStart Health informiert und unterstützt Diabetesbetroffene mit interaktiven, kleinen Lerneinheiten, die auf realen Lebenssituationen basieren. Die App wurde unabhängig von Sensorherstellern entwickelt und funktioniert mit verschiedenen Marken von Sensoren. Geplant ist zudem ein Telemedizin-Portal für medizinische Fachpersonen, damit sie die Patientinnen und Patienten im Alltag optimal unterstützen können.
Das Unternehmen SmartStart Health wurde von Melissa Holloway, selbst auch Diabetikerin, gegründet. Die benutzerfreundliche Smartphone- App wird aktuell getestet und perfektioniert: Diabeteszentren in den USA und in der Schweiz evaluieren die App mit Unterstützung des DCB. Die Ergebnisse der Evalution sollen bis Mitte 2023 veröffentlicht werden. Danach wird die CGMApp in diversen Sprachen, auch in Deutsch, zum Herunterladen bereitgestellt.
Mehr zu SmartStart Health und ein CGM-Quiz finden Sie unter: https://smartstart.health.

Qarbs-App: Menge der Kohlenhydrate automatisch erfassen
Die Firma CarbVis AG entstand 2021 aus dem vom DCB geförderten Translationsprojekt Deep Vision, in Zusammenabeit der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus (UDEM) des Inselspitals Bern.
Das erste Projekt ist die Qarbs-App, welche mittels modernster Technologie das Schätzen der Kohlenhydratmenge automatisiert: Man fotografiert das Essen mit dem Smartphone, worauf die App das Volumen der Speisen sowie deren Nährwertgehalt berechnet und hier im Speziellen die Kohlenhydratmenge. Diese praktische und genaue Mengenmessung entsteht in der Kombination des gemachten Fotos mit dem in den meisten Smartphones eingebauten Tiefensensor und den mathematischen Modellen (Algorithmus) der App.

«Glucose toujours»: unabhängige Diabetes-Medienplattform
Die engagierte und unterhaltsame Medienplattform mit Informationen zu Diabetes ist seit September 2022 online. Jede Woche entschlüsselt ein Team von Medien- und Kulturschaffenden aktuelle Meldungen zu Diabetes aus aller Welt. Unterstützt wird die Plattform durch das DCB, da sich beide Institutionen für Innovationen im Bereich Diabetes einsetzen und die neusten Diabetestechnologie-Projekte unterstützen.
Nina Tousch, die Gründerin, Inhaberin und Chefredaktorin von «Glucose toujours», schreibt seit vielen Jahren über Diabetes und ihr Leben damit. Sie liebt es, Interviews mit Menschen zu führen, die sich beruflich oder privat mit Diabetes befassen, und kämpft vehement für das Recht auf Information über Diabetes. «Wir wollen die Art und Weise, wie Diabetes wahrgenommen und wie darüber gesprochen wird, hinterfragen und zeigen, dass Inhalte über Diabetes lustig, kontrovers und sogar künstlerisch sein können», so Nina Tousch. Die Beiträge der Plattform sind in Französisch publiziert, die Übersetzung in weitere Sprachen ist in Planung. «Glucose toujours» wird von der Leserschaft durch Abonnemente finanziert.
Zur Medienplattform: https://glucosetoujours.com.

INNOVATIVE PROJEKTIDEEN GESUCHT
Haben Sie ein Anliegen oder die Idee zu einem Projekt im Bereich Diabetes? Sie können sich damit an das Diabetes Center Berne (DCB) wenden. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie eine Privatperson, ein Startup-Unternehmen oder eine Fachperson aus dem Gesundheitswesen oder aus der Forschung sind. Wichtig ist, dass Ihr innovativer Ansatz eine Verbesserung für das Leben mit Diabetes bedeutet.
Kontakt: innovation@dcberne.com.