Die unabhängige Stiftung Diabetes Center Berne (DCB) engagiert sich stark im Bereich Innovation und Forschung mit Schwerpunkt Diabetestechnologie und arbeitet unter anderem eng mit dem Inselspital und der Universität Bern zusammen. Gemeinsam wurde mit der Ernennung von José García-Tirado als Assistenzprofessor an der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus (UDEM) und dem DCB nun die zweite Professur für das Forschungsgebiet Diabetestechnologie geschaffen. Gemeinsam mit seinem Team ist Professor García-Tirado an der Entwicklung von noch präziseren Therapien wie Closed-Loop-Systemen für Menschen mit Diabetes und anderen Stoffwechselkrankheiten beteiligt.

Professor Dr. José García-Tirado, Assistenzprofessor mit Tenure Track für Diabetes-Technologie

Professor García-Tirado, was ist der Schwerpunkt Ihrer Forschung im Bereich Diabetestechnologie?

In unserer Forschung untersuchen wir, welche Auswirkungen Typ-1-Diabetes hat und wie wir technologische Lösungen entwickeln können, um die Glukose im Körper besser zu kontrollieren. Wir verwenden Computermodelle, um verschiedene Aspekte des Stoffwechsels zu verstehen. Ein Teil unserer Arbeit befasst sich damit, automatische Systeme zu entwickeln, die Insulin wie eine gesunde Bauchspeicheldrüse abgeben. Wir testen diese Ideen am Computer und in klinischen Studien, um sie schliesslich für Menschen mit Diabetes nutzbar zu machen.

Was motiviert Sie, auf dem Gebiet der Diabetestechnologie zu arbeiten? Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Ich bin Ingenieur, wurde selbst vor zehn Jahren mit Typ-1-Diabetes diagnostiziert und musste einige Hürden überwinden, wie die meisten Menschen mit dieser Krankheit. Zufällig nahm ich nach einigen Monaten an einer Konferenz zu diesem Thema teil und hatte einen Aha-Moment. Mir wurde klar, dass ich mich mit dem Thema beschäftigen und zur Weiterentwicklung des Fachgebiets beitragen musste. Das hat mich dazu inspiriert, an besseren Technologien zum Diabetesmanagement zu forschen. Ich finde es spannend, komplexe Ideen in praktische Lösungen umzusetzen und anderen Menschen mit Diabetes zu helfen.

Was ist Ihre grösste Herausforderung als Professor?

Die Balance zwischen Arbeit, Familie und persönlichen Interessen zu finden, ist eine grosse Herausforderung. Zudem erfordert es viel Planung und Zusammenarbeit, eine Forschungsgruppe zu leiten und ethische Standards in der medizinischen Forschung einzuhalten.

Welche Ziele wollen Sie mit Ihrem Team und Ihrem Labor, dem PrecisionLab, erreichen?

Unser Ziel ist es, digitale Technologien zu entwickeln, die Menschen mit Diabetes Typ 1 besser unterstützen können. Wir möchten nicht nur den Blutzucker kontrollieren, sondern auch andere Gesundheitsrisiken senken. Dazu untersuchen wir neue Therapien und entwickeln intelligente Algorithmen für Insulinpumpen.

An welchen Projekten forschen Sie derzeit und wie können diese das Leben von Menschen mit Diabetes erleichtern?

Das erste Projekt befasst sich mit dem Aufbau einer Plattform für den Einsatz von Algorithmen in Zusammenarbeit mit der Universitat Politècnica de Valencia. Auf dieser Plattform können wir verschiedene Strategien zur Diabetesbehandlung im Bereich der automatischen Insulinzufuhr testen, um zu sehen, wie sie in einer realen Spitalumgebung funktionieren. Das zweite Projekt ist die Entwicklung und das Testen eines Programms, das Insulinabgaben in einer Insulinpumpe steuert. Bevor wir das Programm anwenden können, brauchen wir eine Genehmigung von der medizinischen Behörde (Swissmedic). Danach werden wir das Programm an fünf Menschen mit Typ-1-Diabetes testen, um sicherzustellen, dass es gut funktioniert. Beim dritten Projekt untersuchen wir, wie der Körper Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Fette und Proteine aus der Nahrung aufnimmt. Besonders interessiert uns, wie verschiedene Zusammensetzungen von Mahlzeiten den Blutzuckerspiegel beeinflussen können.

Wie arbeiten Sie mit dem DCB zusammen?

Wir arbeiten eng mit dem DCB zusammen, um Innovationen voranzutreiben. Unsere Zusammenarbeit ermöglicht uns, Wissen auszutauschen und gemeinsam an neuen Technologien zu arbeiten.

Wo hoffen Sie, dass Ihr Forschungsgebiet in 5 bis 10 Jahren stehen wird? Was ist Ihre Vision?

In den nächsten Jahren werden sich die Technologien zum Diabetesmanagement weiterentwickeln, mit besseren Sensoren und Insulinpräparaten. Es besteht sogar die Möglichkeit, implantierbare Systeme zu entwickeln, die einer Bauchspeicheldrüse noch ähnlicher sind. Ebenso müssen wir leichter zugängliche Technologien für Menschen mit Typ-1-Diabetes entwickeln, da die aktuellen Optionen oft teuer und in vielen Ländern nicht verfügbar sind. All dies kann die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes erheblich verbessern.

 

Über José García-Tirado
José García-Tirado ist Assistenzprofessor für intelligente Algorithmen
in der Diabetestechnologie an der Universität Bern. Er hat einen B. Sc.
von der Universidad Nacional de Colombia, einen M. Sc. von CINVESTAV
(Mexiko) und einen Ph. D. von der Universidad Nacional de Colombia,
alle auf dem Gebiet der Regelungstechnik. Später absolvierte er
2013 ein Postdoc-Stipendium an der Rheinisch-Westfälischen Technischen
Hochschule Aachen (RWTH Aachen) und von 2017 bis 2021 an
der University of Virginia, wo er sich auf fortschrittliche Steuerungsstrategien
für AID-Systeme spezialisierte. Professor García-Tirado hat
in drei Ländern gelehrt: am Instituto Tecnológico Metropolitano
(2014–2017, Medellin, Kolumbien), an der University of Virginia (2021–
2023, Charlottesville, USA) und an der Universität Bern (seit 2023).

AutorIn: Sunjoy Mathieu