Winterzeit ist Erkältungszeit. Überall wird kräftig gehustet, geniest, geschnäuzt. Ob im öffentlichen Verkehr, beim Einkaufen oder bei Treffen mit Freunden, den Erkältungsviren kann man kaum aus dem Weg gehen und innert kürzester Zeit ist man angesteckt. Für gesunde Menschen ist das zwar lästig, jedoch unproblematisch. Menschen mit Diabetes können sich hingegen einfacher eine Erkältung einfangen, da erhöhte Blutzuckerwerte die Abwehrkräfte schwächen.

Frau Ruoss (68 Jahre) und Mira (13 Jahre) haben etwas gemeinsam. Beide haben einen Diabetes und sind erkältet. Die Infektion ist für beide lästig mit Halsschmerzen, Kopfschmerzen und einer laufenden Nase. Später wird sich noch ein Husten entwickeln. Während Frau Ruoss seit Jahren täglich acht verschiedene Tabletten einnimmt, spritzt Mira Insulin und ist glücklicherweise perfekt eingestellt. Die Rentnerin hingegen hadert immer wieder mit ihrem Diabetes, ihre Stoffwechseleinstellung ist leider ungenügend.

Was ist eine Erkältung?

Eine Erkältung, auch grippaler Infekt genannt, ist eine Infektion der oberen Atemwege, die durch Viren wie Rhinoviren oder Adenoviren verursacht wird. Die Betroffenen leiden unter Entzündungen der Nasen- und Rachenschleimhaut. Es wird ein wässriges und schleimartiges Sekret abgesondert, was zur typischen laufenden Nase führt. Dazu können auch Husten und Hals oder Ohrenschmerzen kommen. Normalerweise dauert eine Erkältung sieben bis zehn Tage. Selten kommt es zusätzlich zu bakteriellen Infekten wie einer Bronchitis. Eine Erkältung tritt langsam, schleichend auf.

Erkältung oder Grippe, was ist der Unterschied?

Eine Erkältung wird manchmal mit einer Grippe (Influenza) verwechselt oder gleichgesetzt. Die Grippe wird durch Influenzaviren (z. B. H2N2) ausgelöst. Die Symptome treten plötzlich auf, von einer Minute auf die andere. Erste Anzeichen sind Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen. Später kann es zu hohem Fieber kommen. Die Grippe ist eine schwere Allgemeinerkrankung und dauert normalerweise zwei Wochen. Man fühlt sich nach überstandener Grippe meist noch wochenlang abgeschlagen und müde. Gegen die Grippe gibt es eine Impfung, die drei bis vier abgeschwächte Virenstämme enthält und jeweils im November oder Dezember injiziert wird.

ERKÄLTUNGEN VORBEUGEN
• Regelmässig Hände waschen
• Viel Bewegung an der frischen Luft
• Genügend und erholsamer Schlaf
• Ruhepausen im Alltag einbauen
• Frische Nahrungsmittel, schonend zubereitet
• Keinen Alkohol trinken
• Ein tragendes soziales Umfeld
• Wohnung regelmässig lüften
• Bei Kälte warme Kleidung tragen
• Bei Bedarf eine Maske tragen

Wie beeinflusst die Erkältung den Diabetes?

Bei einer Erkältung fährt der Körper seine Immunabwehr hoch, um das Eindringen der Viren zu bekämpfen. Dabei werden auch Stresshormone wie Adrenalin oder Cortisol freigesetzt. Diese regen die Leber an, die körpereigene Herstellung von Glukose anzukurbeln, und führen so zu einer Erhöhung des Blutzuckers. Zudem entsteht bei einem Infekt Insulinresistenz, die den Insulinbedarf auch erhöht. Deshalb kann es bereits bei einem kleinen Schnupfen zu Hyperglykämien kommen. Ein hoher Blutzucker wiederum schwächt das Immunsystem – es entsteht also ein Teufelskreis, der unbedingt durchbrochen werden muss. Falls der Stoffwechsel über lange Zeit nicht genügend eingestellt ist oder bereits Spätschäden bestehen, ist der Körper mit einer Erkältung doppelt gefordert. Bei Komplikationen wie einer Bronchitis, Lungenentzündung oder Nasennebenhöhlenentzündung sind oftmals Bakterien beteiligt, die das Immunsystem neben den Viren auch noch bekämpfen muss.

Eine Erkältung braucht bei Menschen mit Diabetes vermehrte Aufmerksamkeit.

Wie behandelt man eine Erkältung?

Eine Erkältung ist normalerweise harmlos und verschwindet meist nach einer Woche wieder. Eine Behandlung mit Medikamenten ist in der Regel nicht nötig. Sie können allenfalls helfen, die Symptome zu lindern. Dazu gehören Schmerzmittel wie Ibuprofen und Paracetamol gegen Halsschmerzen, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen und Fieber. Ebenfalls hilfreich können abschwellende Nasensprays zum kurzfristigen Einsatz sein. Sie erleichtern die Nasenatmung oder öffnen verlegte Ohren. Hustenreizdämpfende und schleimlösende Mittel beruhigen und lösen den Husten. Antibiotika sind keine Erkältungsmittel, sie wirken gegen Bakterien, die Verschreibung erfolgt durch die Ärztin oder den Arzt, wenn Hinweise auf eine bakterielle Infektion vorliegen. Die Natur liefert verschiedene Pflanzen, die in Form von Tees, Tropfen oder Lutschtabletten Unterstützung bieten, wie zum Beispiel Thymian, Echinacea, Nelken oder Süssholz. Auch altbewährte Hausmittel der Grossmutter wie Nasenspülungen mit Salz, Zwiebel- oder Kartoffelwickel und viele mehr lindern die Symptome.
Es gibt selbstverständlich auch einfache Verhaltensmassnahmen, die bei Erkältung Entlastung bringen. Man kann die Stimme schonen, auf das Rauchen verzichten und sich körperlich schonen. Für viele Menschen ist der Inbegriff einer Erkältung die Tasse mit dem heissen Tee und die warme Kuscheldecke auf dem Sofa.

Wie beeinflussen Medikamente den Blutzucker?

Medikamente gegen Erkältungen können den Blutzucker beeinflussen. Aber sie können auch in Wechselwirkung mit Medikamenten treten, die ein Mensch mit Diabetes regelmässig einnimmt. Dies bedeutet, dass ein Medikament auf einmal zu stark oder zu schwach wirkt und der Blutdruck oder Blutzucker sinkt oder steigt. Alles problematisch neben der Erkältung. Deshalb ist es ausserordentlich wichtig, dass die Medikamente aufeinander abgestimmt werden. Nur so kann das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen minimiert werden. Falls Medikamente gegen Erkältungen eingenommen werden, muss mit dem betreuenden Arzt, der Ärztin oder Apothekerin geklärt werden, ob Interaktionen mit den ohnehin täglich eingenommenen Medikamenten zu erwarten sind. Auch ist eine engmaschige Kontrolle des Blutzuckers wichtig. Gewisse Medikamente enthalten Zucker oder Zuckeraustauschstoffe, die den Blutzucker verändern. Bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes muss vor allem die Zusammensetzung von Husten- oder Erkältungssirupen genau angeschaut und gegebenenfalls auf Alternativen wie Tabletten oder Tropfen ausgewichen werden.

Was gibt es sonst Besonderes zu beachten?

Eine Erkältung braucht bei Menschen mit Diabetes vermehrte Aufmerksamkeit. Da der Blutzucker je nach Stoffwechsellage steigt oder instabil ist, wird eine regelmässige Blutzuckerkontrolle besonders wichtig. Idealerweise sollte alle zwei Stunden der Wert kontrolliert werden, damit zeitnah eingegriffen werden kann, falls sich eine Hyperglykämie aufbaut. Zudem ist auf eine genügende Flüssigkeitszufuhr zu achten.

Jeder Mensch mit Diabetes ist anders

Für Frau Ruoss, Mira und alle Menschen mit Diabetes ist es ausserordentlich wichtig, dass sie ihren Blutzucker regelmässig kontrollieren und die Insulindosis oder die Medikamente bei Bedarf anpassen. Falls sie Medikamente gegen die Erkältung einnehmen, sollten sie dies unbedingt mit einer Fachperson besprechen und bei Unsicherheiten und unerklärlichen Stoffwechselvorgängen mit den behandelnden Diabetologen Kontakt aufnehmen. Nach jeder überstandenen Erkältung werden sie mehr Erfahrung gesammelt und ihren Körper besser kennengelernt haben. Und doch heisst es auch bei der nächsten Erkältung, die bestimmt wieder kommt: Aufpassen, kontrollieren und Massnahmen ergreifen.

 

AutorIn: Andrea Merkel