Diabetesberatung

Um Diabetes-Betroffene beim Management ihrer Krankheit zu unterstützen, bilden sich kompetente Fachpersonen im Gesundheitsbereich weiter. Wer dahinter steckt und warum ein regelmässiger Besuch in der Diabetesberatung, Ernährungsberatung oder Fusspflege empfohlen ist, lesen Sie in unserem dreiteiligen «Special» zu den Fachpersonen. Zu Besuch bei Judith Pellet, Pflegefachfrau HF, ­diabetesostschweiz

Wie sieht Ihr typischer Arbeitsalltag aus?
Zur Vorbereitung des Arbeitstages sehe ich meine Mails durch und drucke die Agenda zur Übersicht über die bevorstehenden Termine aus. Mithilfe dieser Agenda sowie den Patientendokumentationen lese ich mich kurz in die Patienten ein. Vor jedem Termin richte ich das Material (z. B. Blutzuckermessgeräte, Sensoren, Broschüren usw.), nach jedem Termin führe ich die Karteikarte des jeweiligen Patienten als Protokoll.

Was passiert genau in einer Diabetesberatung?
Nach der Begrüssung und einer kurzen gegenseitigen Vorstellung werden dem Patienten in einer ersten Beratung die einzelnen Schritte und Inhalte der Beratungen erklärt. Gemeinsam kontrollieren und analysieren wir Blutzuckerwerte, Medikamente und deren Wirkung. Auch der Einbau von regelmässiger Bewegung im Alltag wird thematisiert. Zur Korrektur der Insulineinheiten kontaktiere ich jeweils den behandelnden Diabetologen. Ausserdem kann eine Beratung auch das Legen eines kontinuierlichen Glukose-Monitoring-Systems beinhalten. Der Grossteil meiner Patienten sind neudiagnostizierte Typ-2-Diabetiker. Ausserdem werden mir immer mehr Patienten mit Prädiabetes zugewiesen. Dies ist ein erfreulicher Trend, weil ich den Patienten bereits in einem sehr frühen Krankheitsstadium aufklären kann. Wichtig ist, dass ein Vertrauensverhältnis langfristig aufgebaut wird. Der Patient darf und soll sich in der Beratung öffnen, darf Frust ablassen, wenn Ziele mal nicht erreicht werden. Manchmal kommuniziere ich auch per Mail mit den Patienten, wenn sie zwischendurch mal noch eine Frage haben.

Gestell mit diversem Diabetes-MaterialWelche Hilfsmittel kommen zum Einsatz?
Zur Vermittlung von Informationen verwende ich eigene Erklärdokumente oder den Ordner der Beratungssektion, der mit Anschauungsmaterial bestückt ist. Auch die Patientenbroschüren von diabetesschweiz in verschiedenen Sprachen bilden eine wichtige Basis. Zur Vermittlung der Injektionstechnik verwende ich Injektions­schablonen von Pharma-Firmen. Im Zusammenhang mit der Insulintherapie wird auch die Thematik Lipohypertrophie, also der Vermehrung des Fettgewebes im Bereich der Injektionsstellen von Insulin, angesprochen. Zum Ertasten dieser Lipo­hypertrophien verwende ich ein spezielles Kissen. Zur Veranschaulichung habe ich auch diverse Blutzuckermesssysteme, Pens usw. ausgestellt.

Werden die Kosten für die Beratung von ­der Krankenkassen-Grundversicherung ­übernommen?
Mit einer Verordnung zur Diabetesfachberatung, die vom Arzt ausgefüllt wird, bezahlt die Kran­kenkassen-Grundversicherung 10 Be­ratungen.

Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?
Der Pflegeberuf interessierte mich bereits als Kind, trotzdem schloss ich zuerst eine kaufmännische Ausbildung ab. Ich wurde früh Mutter und entschloss mich dann dazu, die Ausbildung zur Pflegefachfrau HF zu absolvieren. Nebst meiner Tätigkeit in der Geriatrie habe ich 2011 bei diabetesostschweiz in der Fusspflege begonnen. Seit meinem Abschluss zur Diabetesfachberaterin arbeite ich für diese beiden Bereiche bei diabetesostschweiz. Ich liebe die Arbeit mit Menschen und freue mich sehr, sie auf ihrem Weg mit dem Diabetes zu unterstützen und ihnen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen.

Was war ihr schönstes Erlebnis und wo sehen sie die grösste Herausforderung?
Ich treffe immer wieder auf Patienten, die mit grossen Vorurteilen in eine Beratung kommen. Sie fühlen sich oft vom behandelnden Arzt dazu gezwungen und fragen sich, wofür sie eine Beratung brauchen. Ich habe ein offenes Ohr für ihre Kritik und ihre Sorgen, teile ihnen aber sachlich und einfühlsam den Zweck und die Vorteile der Beratung mit. Fast immer leuchten diese Argumente ein und die Patienten sind dann gewillt, intensiv zur Besserung ihrer Lebensqualität beizutragen. Diese Erlebnisse sind wahre Aufsteller.

Was geben sie einem Menschen mit Diabetes mit auf den Weg?
Diabetes tut per se nicht weh. Dies ist insofern schwierig, weil eine Krankheit, die sich nicht durch markante Symptome äussert, nicht immer ernst genommen wird. Die gravierenden Symptome zeigen sich dann oft erst als irreparable Spätfolgen. Patien­ten sollen lernen, nicht gegen ihren Diabetes zu kämpfen, sondern bestmöglich damit zu leben. Es ist wie in einer Beziehung mit einem Partner: Es gibt gute, aber auch mal schlechte Zeiten. Wenn es mal nicht so gut läuft, darf man sich immer Hilfe holen. Den Blutzuckerwert zu kontrollieren, ist nicht immer einfach und es darf auch sein, dass einem der ständige Pieks verleidet. Zu wissen, wo man sich melden kann und Hilfe erhält, ist aber das A und O.

Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von diabetesostschweiz für die freundliche Zusam­menarbeit.

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AutorIn: Judith Pellet