Illustration Dentalimplantate

Dentalimplantate sind heute als Teil der zahnärztlichen Therapie zur Ersetzung fehlender Zähne nicht mehr wegzudenken. Bis Ende der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts wurden Zahnimplantate lediglich von wenigen Zahnärzten eingesetzt. Diese waren Pioniere mit nur wenig wissenschaftlicher Evidenz, und zum Teil hatten sie nur mässigen Erfolg.

Dank neuer Entwicklungen von Implantat-Ober­­flächen durch die Industrie und intensive Forschung seitens der Universitätskliniken in Zusammenarbeit mit Zahnärzt/-innen aus der Privatpraxis, sind Zahnimplantate in den letzten Jahren zur täglichen Routine in der fortschrittlichen Zahnarztpraxis geworden. Wo früher der Verlust von Zähnen, einzelnen oder mehreren, durch Brücken oder Prothesen ersetzt wurde, besteht heute die Möglichkeit, die fehlenden Zähne durch Implantate, die die Zahnwurzel imitieren, zu ersetzen. Die Implantate werden durch einen operativen Eingriff im Kieferknochen eingesetzt. Nach einer Heilungsphase, die je nach Knochenqualität 4 – 12 Wochen dauert, können die Implantate belastet werden, nachdem sie mit dem Kieferknochen verwachsen sind. Auf die eingesetzten Implantate setzt man je nach Bedarf Einzelkronen oder Brücken, oder die Implantate dienen als Unterstützung für abnehmbaren Zahnersatz. Durch die Implantation können gesunde Nachbarzähne geschont werden, da sie nicht beschliffen werden müssen.
Es gibt verschiedene Gründe für Zahnverlust. Die Hauptursachen sind Karies (Zahnfäulnis), Parodontitis (entzündlicher Knochenschwund), misslungene Wurzelbehandlungen, Zahnwurzelfrakturen oder ein Unfall. In den meisten Fällen kann man die verlorenen Zähne durch Implantate ersetzen. Es gibt relativ wenige Kontraindikationen, wo man keine Implantate einsetzen soll. Dies ist zum Beispiel der Fall nach Bestrahlung der Kieferknochen (nach einer Tumor-Operation), bei schwerer Knochenstoffwechselstörung oder bei Knochenerkrankungen. Ausserdem sollten auch bei chronischen Störungen des Immunsystems und bei Bisphosphonat-Therapie zur Tumorbekämpfung möglichst keine Implantate gesetzt werden.

Dentalimplantate
Bild links: Zahnloser Oberkiefer / Bild Mitte: Sechs Implantate im Oberkiefer / Bild rechts: Prothetische Versorgung auf
Implantaten

Die Erfolgsquote von Implantat-Behandlungen liegt heute laut mehreren internationalen Studien bei über 95 %. Die 10-Jahres-Erfolgsrate ist ähnlich positiv und liegt weit über 90 %. Neue Daten über 20 Jahre Verweildauer von Implantaten im Mund zeigen ähnliche Resultate.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen einen ­Zusammenhang auf zwischen einem schlecht eingestellten Typ-2-Diabetes (hohes HbA1c) und mangelhafter Mundhygiene und Parodontitis (Erkrankungen des Zahnhalteapparates), welche zum Zahnverlust führen. Je tiefer die entzündeten Zahnfleischtaschen sind, desto höher steigen die HbA1c-Werte bei Diabetikern. Diese Werte sinken jedoch nach erfolgreicher Parodontal-Therapie. Ausserdem zeigen Studien, dass eine gute Blutzuckereinstellung, kombiniert mit optimaler Mundhygiene, den Langzeiterfolg der Parodontitistherapie sichert.
Bei den Risikofaktoren, die zu Implantat-Verlust führen, sind mit hoher Evidenz folgende Gründe verantwortlich: Mangelhafte Mundhygiene und schlechte Kooperation des Patienten, nicht saniertes Gebiss (unbehandelte Karies und Parodontitis), grosses Reservoir an Bakterien in Zahnfleischtaschen und Zungengrund und starker Nikotin-Abusus (bei starken Rauchern von mehr als 10 Zigaretten im Tag). Auch ein schlecht eingestellter Diabetes wird als Risiko taxiert.
Beimm Diabetes mellitus handelt es sich um eine systemische Erkrankung, die einen grossen Einfluss auf verschiedene Vorgänge im menschlichen Körper hat. Unter anderem kann Diabetes zu einer verzögerten Wundheilung führen, und in diesem Zusammenhang die Anfälligkeit eines Patienten für eine Infektion um die Implantate, sog. Peri­implantitis (ähnlich wie Parodontitis bei natürlichen Zähnen), oder zu einem erhöhten Risiko eines Implantat-Verlustes führen. Da die Zahnfleisch­fasern um ein Implantat anders geordnet sind als um den natürlichen Zahn und dadurch für Bakterien durchlässiger sind, ist die Behandlung von Entzündungen um Implantate viel schwieriger und viel weniger erfolgreich als die Behandlung von Parodontitis bei natürlichen Zähnen.
Bis heute sind relativ wenige wissenschaftliche Studien bekannt, die sich ausschliesslich mit Diabetes als Risikofaktor bei Implantaten befassen. In einer Studie, die 2006 in Brasilien durchgeführt wurde und sich mit dem Zusammenhang zwischen Infektionen um Implantate und Diabetes mellitus befasste, wurde festgestellt, dass ein schlecht eingestellter Diabetes zu einem signifikant höheren Risiko für die Entstehung einer Periimplantitis (Infektion und Knochenschwund um das Implantat) führte.
Bei einer anderen, kürzlich publizierten Untersuchung wurde bei 67 Patienten mit Diabetes mellitus jeweils ein Implantat im Oberkiefer eingesetzt. Die Patienten wurden in vier Gruppen eingeteilt: Bei einer Gruppe lag das HbA1c unter 6, eine zweite Gruppe wies Werte zwischen 6,1 – 8 auf, eine dritte Gruppe hatte ein HbA1c von 8,1 – 10 und die vierte Gruppe hatte Werte über 10.
Bei den Nachkontrollen, die sich über drei Jahre erstreckten, stellte sich heraus, dass das Zahnfleisch um die Implantate umso mehr blutete und der Knochenverlust um die Implantate umso grösser war, je schlechter der Diabetes (HbA1c) eingestellt war.
Schlussfolgerung dieser Studie: Implantate sind wohl geeignet für Diabetes-Patienten. Wichtig dabei ist, dass der HbA1c-Wert möglichst über längere Zeit unter Kontrolle bleibt. Ein gut eingestellter Diabetiker mit adäquater Mundhygiene und engmaschiger Kontrolle durch Zahnarzt und Dentalhygienikerin, die Zahnstein und Zahnbeläge (sog. Biofilm) professionell entfernen, kann heute ähnlich erfolgreich mit Implantaten versorgt werden wie ein Patient ohne Diabetes.

AutorIn: Dr. med. dent. Jakob Zafran, eidg. dipl. Zahnarzt, SSO, Zollikerberg